Taizé-Prior berichtet von seiner Privataudienz beim Papst

Zwischen Tradition und Ökumene

Der neue Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé ist von Papst Franziskus in Privataudienz empfangen worden. Frère Matthew spricht im Nachgang darüber, wie es zu dem Treffen gekommen ist und wie der Papst auf ihn gewirkt hat.

Frère Matthew / © Marija Poklukar (privat)
Frère Matthew / © Marija Poklukar ( privat )

DOMRADIO.DE: Seit der Adventszeit sind Sie Prior von Taizé. Wie haben Sie nun diese Audienz beim Papst bekommen?

Frère Matthew (Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé): Wir haben angefragt, ob ein Treffen möglich wäre. Das ist schon eine Tradition seit der Zeit von Frère Roger, der diese Papsttreffen mit Johannes XXIII. begonnen hatte.

Im vergangenen Jahr durfte ich Frère Alois bei seinem Treffen mit Papst Franziskus begleiten. Da hat er mich dem Papst bereits als seinen Nachfolger vorgestellt. Für dieses Treffen haben wir einfach angerufen und der Vatikan hat zugesagt. Das war eine große Freude.

DOMRADIO.DE: Die allermeisten bekommen nicht so einfach eine Privataudienz mit dem Papst. Wie läuft so etwas ab?

Frère Matthew: Für uns in Taizé ist diese Verbindung mit dem Papst sehr wichtig, weil wir eine ökumenische Gemeinschaft sind. Die Treffen sind eine Bestätigung für uns auf unserem ökumenischen Weg. 

Die Treffen selbst sind in ihrer Art und Weise sehr einfach gehalten. Als ich in den Saal hineingegangen bin, war der Papst schon da und scherzte zu Beginn, dass wir zusammensitzen können, weil wir beide Weiß gekleidet sind. Das war sehr schön. Im Gespräch hat er mich gefragt, wie es uns als Taizé-Gemeinschaft geht. 

Mir war es ein Anliegen, dem Papst für das ökumenische Abendgebet am 30. September letzten Jahres, dem Vorabend des ersten Treffens der Weltsynode, zu danken. Das war für mich und für viele andere Menschen ein wichtiger Moment, als die zwanzig Kirchenoberhäupter gemeinsame den Segen gespendet haben. Das war ein Zeichen von Franziskus' Dienst als universeller Pastor gemeinsam mit den anderen Kirchenführern. Das war sehr schön.

DOMRADIO.DE: In welcher Sprache haben Sie sich mit dem Papst unterhalten?

Frère Matthew: Wir haben auf Italienisch gesprochen. Das war zwar für mich eine Herausforderung, aber mir sind die Worte doch in den Sinn gekommen und der Papst hat alles unternommen, um mir das Treffen möglichst komfortabel und bequem zu machen.

DOMRADIO.DE: Was waren noch Themen Ihres Austausches mit dem Papst?

Frère Matthew: Wir haben auch über die Jugendtreffen in Taizé gesprochen. Der Papst hatte sehr großes Interesse daran und auch an unseren europäischen Jugendtreffen, wie dem, dass Ende dieses Jahrs in Tallinn, in Estland, stattfinden wird.

Frère Matthew

"Nur der  Papst kann die verschiedenen christlichen Konfessionen versammeln. Das schafft er durch seine Demut, würde ich sagen."

Das war auch interessant für Franziskus, weil Estland ein sehr kleines Land ist, das an der Peripherie, also etwas abseits am Rand liegt. Außerdem gibt es dort sehr wenige Katholiken. Deswegen hat es ihn angesprochen, dass wir dort hingehen. Er sagte, er wäre dort selbst vor einigen Jahren gewesen.

DOMRADIO.DE: Sie sind kein Katholik. Sie sind Anglikaner. Sehen Sie in einem Gespräch mit dem Papst eine geistliche Stärkung oder ist es eher nüchtern betrachtet ein Gesprächstermin wie andere Meetings auch?

Frère Matthew: Nein, das war auch ein geistliches Gespräch. Ich glaube, der Papst spielt für viele Christen eine Rolle. Er pflegt auch eine sehr enge und brüderliche Beziehung zu Patriarch Bartholomäus I. und zum Erzbischof von Canterbury, Justin Welby. Wir haben auch über die beiden und deren Beziehung zum Papst gesprochen, weil beide auch an dem ökumenischen Abendgebet teilgenommen haben.

Ich glaube, viele sehen in der päpstlichen Aufgabe den Job eines universellen Pastors. Nur der katholische Papst kann die verschiedenen christlichen Konfessionen versammeln. Das schafft er durch seine Demut, würde ich sagen. Ich erinnere mich da sehr eindrücklich an den Moment bei dem ökumenischen Abendgebet, als Papst Franziskus die Christinnen und Christen der anderen Konfessionen gebeten hat, für die Synode in der katholischen Kirche zu beten.

DOMRADIO.DE: Wir hören immer wieder Meldungen rund um den gesundheitlichen Zustand von Papst Franziskus. Welchen Eindruck hatten Sie persönlich?

Frère Matthew: Es war ein Montagmorgen und dem Papst ging es sehr gut. Er stand auf seinen eigenen Beinen und ist auch spaziert. Das war alles eigentlich sehr schön.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Eine Chronologie zum Stabwechsel in Taize

Seit Jahrzehnten zieht Taize in Burgund Zehntausende junger Christen aus aller Welt an. Zum Ersten Advent (2./3. Dezember), dem Beginn des neuen Kirchenjahres, gibt der Prior der ökumenischen Gemeinschaft, Frere Alois (69), die Leitung an den Anglikaner Frere Matthew (58) ab. Zu diesem Anlass zeichnet die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) die zentralen Stationen der Entwicklung von Taize nach:

12. Mai 1915: Geburt von Roger Louis Schutz-Marsauche als neuntes Kind der Familie im Dorf Provence im Schweizer Jura.

Ortsschild der französischen Gemeinde Taizé. / © Elena Hong (DR)
Ortsschild der französischen Gemeinde Taizé. / © Elena Hong ( DR )
Quelle:
DR