Papst: Wollten mich benutzen, um Ratzinger zu verhindern

Franziskus bestätigt Gerüchte um Konklave 2005

Der heutige Papst Franziskus hatte bereits bei der Wahl 2005 ein Drittel der Wähler auf sich vereint. Das bestätigt er jetzt in einem Interview. Doch der Zweck dahinter war ein ganz anderer, wie er enthüllt.

Papst Franziskus in einem Gottesdienst an Palmsonntag 
 / © Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus in einem Gottesdienst an Palmsonntag / © Romano Siciliani ( KNA )

Papst Franziskus ist der Darstellung entgegengetreten, er habe schon 2005 Chancen auf das Papstamt gehabt. "Das Manöver bestand darin, meinen Namen zu nennen und die Wahl von [Kardinal Joseph] Ratzinger zu blockieren", sagte Franziskus in einem Interviewbuch des Vatikan-Korrespondenten der spanischen Zeitung "ABC", Javier Martinez-Brocal. "Sie haben mich dafür benutzt." Nach einem Patt hätten "die Männer hinter der Abstimmung" dann einen dritten, anderen Kandidaten präsentieren wollen. Und, so der Argentinier: "Sie sagten mir später, dass sie gar keinen Papst aus dem Ausland wollten."

Im April 2005 wurde Kardinal Ratzinger gewählt

Franziskus bestätigte, dass er zwar in den frühen Wahlgängen des Konklaves nach dem Tod Johannes Pauls II. im April 2005 bereits 40 der 115 Wahlmännerstimmen hinter sich hatte. Die Absicht sei aber nie gewesen, ihn tatsächlich zu wählen. Bei einer weiteren Abstimmung hätte er die erforderlichen zwei Drittel nicht erreichen können, so der heute 87-Jährige. Er selbst, Jorge Mario Bergoglio, habe als Erzbischof von Buenos Aires hinter Ratzingers Kandidatur gestanden und habe auch nach dem dritten Wahlgang zugunsten des Deutschen verzichtet.

Franziskus unterstützt Ratzinger als Kandidaten

"Er war der einzige, der zu dieser Zeit Papst sein konnte", so Franziskus. Nach den Umwälzungen von Johannes Paul II. (1978-2005), der als Papst enorm dynamisch gewesen sei, sehr aktiv, mit Initiative, der reiste, habe man "einen Papst gebraucht, der ein gesundes Gleichgewicht bewahrt, einen Übergangspapst", so Bergoglio in dem Interview. "Wenn sie damals jemanden wie mich gewählt hätten - was hatte das bewirken können? Eine Menge Ärger; ich hätte nichts tun können." Damals sei kein Wandel möglich gewesen. Er, Bergoglio, sei damals glücklich aus dem Konklave hinausgegangen.

Über den Wahlhergang gilt die Schweigepflicht

Vor seiner Schilderung erläutert Franziskus dem Interviewer auch, bekanntermaßen unterlägen die Kardinäle bei einer Papstwahl dem sogenannten päpstlichen Geheimnis; das heißt, sie dürfen unter Strafe der Exkommunikation nichts über den Wahlhergang preisgeben. Für ihn als Papst gelte das allerdings nicht.

Die stark konservativ ausgerichtete "ABC" ist Spaniens viertgrößte Tageszeitung. Das Interview wurde 2022 im Vatikan geführt. Es ist in einem neu erschienenen Buch von Martinez-Brocal enthalten, das sowohl aus Wortlaut- wie auch aus redaktionell bearbeiteten Passagen besteht.

Das Pontifikat von Papst Benedikt XVI.

"Professor Papst" nannte man ihn: weil seine Ansprachen vor der UNO, im Berliner Reichstag oder im britischen Parlament anspruchsvoll wie Vorlesungen waren. Seine Brillanz veranlasste den Kölner Kardinal Josef Frings, den gerade 35-Jährigen zu seinem Berater beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) zu machen. Dem Abschnitt als Erzbischof von München und Freising (1977-1982) folgte seine jahrzehntelange Bestimmung: als Präfekt der römischen Glaubenskongregation. Am Ende zeigte sich Ratzinger amtsmüde, doch Johannes Paul II. überredete ihn zu bleiben.

Joseph Kardinal Ratzinger wurde am 19. April 2005 vom Konklave zum neuen Papst Benedikt XVI. gewählt (KNA)
Joseph Kardinal Ratzinger wurde am 19. April 2005 vom Konklave zum neuen Papst Benedikt XVI. gewählt / ( KNA )
Quelle:
dpa