Am 6. April 1994 wurde das Flugzeug des ruandischen Präsidenten Juvenal Habyarimana, eines Hutu, abgeschossen. Am nächsten Tag brach eine Orgie der Gewalt über das ostafrikanische Land herein. In 100 Tagen töteten radikale Hutu-Milizen Hunderttausende Angehörige der Tutsi-Minderheit und gemäßigte Hutu. Rund 2.500 UN-Blauhelme sahen dem Gemetzel tatenlos zu.
Bereits zuvor hatte es Kämpfe zwischen der ruandischen Armee und Rebellen gegeben. Radiosender verbreiteten Hassparolen, Milizen lieferten sich Straßenschlachten. Im Hintergrund stand ein vermeintlicher Rassenkonflikt zwischen den Hutu-Ackerbauern und den Tutsi-Viehzüchtern, der erst von den deutschen Kolonialherren und später von den belgischen Nachfolgern konstruiert wurde.
Vor allem die sogenannte erste Republik in Ruanda (1962-1973) war von Mordwellen an Tutsi, Flucht und Vertreibung geprägt. Im Gedächtnis der Hutu wiederum blieb das Tutsi-Massaker von 1972 an den Hutu im Nachbarland Burundi haften.
Hutu und Tutsi heute verpönt
Heute seien die Kategorien Hutu und Tutsi offiziell verpönt, sagte der evangelische Pastor Jörg Zimmermann in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Aber mit Blick auf die Geschehnisse vor 30 Jahren wird dann doch vom "Genozid an den Tutsi" gesprochen. Da sind die alten Begriffe weiter präsent." Der heute in Neuss tätige Seelsorger ging Anfang der 1990er-Jahre für die Vereinte Evangelische Mission VEM nach Ruanda und erlebte dort die Anfänge des Völkermords mit.