DOMRADIO.DE: Wie ist die Situation der Katholischen Kirche in den USA konkret?
Klaus Prömpers (Journalist und USA-Experte): Wie in Europa kann man sagen, die Zahl der Katholiken nimmt ab. Sie ist zwar immer noch die größte Religionsgemeinschaft innerhalb der USA als katholische Religionsgemeinschaft. Verglichen jedoch mit den Zahlen von 2007, hat das Meinungsforschungsinstitut Pew Research eine Erhebung gemacht. Man stellt fest, dass mittlerweile nur noch jeder fünfte US-Bürger im Erwachsenenalter katholisch ist. Früher war es noch jeder vierte.
Obwohl sie die größte Religionsgemeinschaft sind, heißt das natürlich auch, dass ihr Einfluss ein wenig abnimmt. Hinzu kommt noch, dass 28 Prozent derer, die sich katholisch nennen, sonntäglich die Messe besuchen. Immerhin Papst Franziskus ist ein wenig beliebter als Papst Benedikt. Nach wie vor an der Spitze der Neigung der Katholiken in den USA liegt aber Johannes Paul II..
DOMRADIO.DE: Auf welche Studie berufen Sie sich dabei, wenn Sie diese Entwicklung beschreiben?
Prömpers: Es ist eine vergleichende Studie des Meinungsforschungsinstituts Pew Research. Sie überprüfen praktisch alle Windungen der Amerikaner in jeder Richtung, sowohl was Glauben, Liebe oder Politik angeht. Das ist die Grundlage. Sie machen das immer wieder mal. Zwei Drittel der US-Bürger sagen, die Kirche soll sich aus der Politik heraushalten.
Am 5. November ist der Wahltag der Präsidentschaftswahl. Einige Bischöfe machen sich gerade dafür stark, dass die Absage an jeglicher Form der Abtreibung ein wesentlicher Punkt der Wahlentscheidung für den einzelnen Katholiken sein soll. Das Problem ist aber dabei, dass 60 Prozent der katholischen Wähler das anders sehen. Sie wollen eine legale Form der Abtreibung beibehalten.
Das ist ein bedrohliches Zeichen für die Verbindung zwischen den Hirten und der Herde, finde ich. Es gibt eine Mehrheit unter den Katholiken, die Geburtenkontrolle gut finden und die denken, Priestern sollte die Heirat erlaubt sein. Auch das sehen die meisten Bischöfe anders. Es gibt viele Unterschiede, die zu dieser Trennung innerhalb der katholischen Kirche bei den Laien vornehmlich führen.
DOMRADIO.DE: Welche Auswirkungen könnte das möglicherweise auf die Präsidentschaftswahlen haben?
Prömpers: Endgültig kann man das noch nicht sagen, denn man weiß noch nicht, was bis dahin noch alles passieren mag. Was Nahost angeht, was die Ukraine angeht, auch was die inneramerikanischen Verhältnisse angeht.
Aber man muss feststellen, dass vor vier Jahren die Stimmen der Katholiken zwischen Biden und Trump noch relativ gleich verteilt waren. Bei Biden waren es 50 Prozent, bei Trump 49 Prozent.
Im Moment, sagt diese Meinungsumfrage, hat sich das Verhältnis umgedreht. Trump führt mit 52 Prozent, nur noch 44 Prozent haben Sympathien für Biden. Aber auch das kann sich natürlich wieder ändern. Im Prozess in New York steht Trump aktuell vor Gericht wegen Schmiergeldzahlungen in Zusammenhang mit einer Prostituierten.
DOMRADIO.DE: Auf der einen Seite steht in der US-Verfassung die Trennung von Kirche und Staat festgeschrieben, aber es gibt Bewegungen in dieser Frage. Wünscht sich da auch mancher Amerikaner mehr Christentum in der Verfassung?
Prömpers: Auf jeden Fall. Auch das ist ein Ergebnis dieser Untersuchung von Pew Research. 45 Prozent der US-Amerikaner sagen, die USA sollten eine christliche Nation sein, so wie es die Gründerväter im achtzehnten Jahrhundert wollten. Unter Katholiken sagen das aber nur 21 Prozent. Unter den meisten, die generell fordern, die USA sollten eine christliche Nation sein, überwiegen die Wähler der Republikaner. Was das aber nun konkret heißen wird, ist dann schon wieder umstritten.
Denn die konkrete Ausformung dessen, was "christliche Nation" heißt, ist dann sehr genau die Frage, wo die Verfassung nach wie vor Trennung vorgibt. 51 Prozent aller Amerikaner sagen, man solle vom Christentum in der Verfassung absehen. Schließlich gibt es auch Muslime und viele andere Religionen in den Vereinigten Staaten, wenn auch in kleineren Zahlen. Dieses Zusammenleben sollte dadurch nicht gestört werden, dass man in der Verfassung etwas festschreibt, was einen Teil der amerikanischen Staatsbürger vor den Kopf stoßen würde.
Das Interview führte Dagmar Peters.