Aufarbeitungskommission im Bistum Münster nimmt Arbeit auf

Mehr Hinweise auf Strukturen

Für Betroffene von sexuellem Missbrauch in der Kirche gibt es zusätzliche Unterstützung: Die neue Kommission will Begleitung und Beratung organisieren, aber auch kirchliche Strukturen analysieren für Verbesserungen.

Bischof Genn / © Guido Kirchner (dpa)
Bischof Genn / © Guido Kirchner ( dpa )

Die Kommission zur unabhängigen Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Münster hat ihre Arbeit aufgenommen. Der UAK-Trägerverein und das Bistum schlossen vorige Woche eine Vereinbarung über die Arbeitsgrundlage der ehrenamtlichen Kommission, wie das Bistum am Mittwoch mitteilte. Demnach stellt es der UAK rund 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Mit dem Geld werde in den kommenden dreieinhalb Jahren eine hauptamtlich besetzte Arbeitsstelle finanziert, um die Aufgaben der Kommission erfüllen zu können.

Orientierung an Willen der Betroffenen

Die UAK-Arbeitsstelle werde vor allem leicht zu erreichende Kontakte für Menschen aus allen Regionen des Bistums eröffnen, Begleitung und Beratung organisieren, Erfahrungen und Themen aufbereiten und sich dabei konsequent am Willen von Betroffenen orientieren, hieß es. Aus dieser Arbeit sollten auch Hinweise gewonnen werden auf kirchliche Strukturen und Denkweisen, die immer noch Missbrauch ermöglichen oder erleichtern.

Aufarbeitungskommissionen gibt es bereits in mehreren der 27 deutschen Bistümer. Ihre Errichtung geht auf eine 2020 getroffene Vereinbarung des Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung und der Deutschen Bischofskonferenz zurück. Um den Charakter der Unabhängigkeit zu unterstreichen, würden im Bistum Münster die Mitglieder - anders als in anderen Bistümern - nicht vom Bischof berufen, hieß es. "Die UAK arbeitet völlig außerhalb kirchlicher Strukturen und Verantwortlichkeiten."

Missbrauchsbetroffene gehören zum Gremium

Zu dem acht Personen umfassenden Gremium gehören den Angaben zufolge drei Missbrauchsbetroffene. Sie seien bei einem Betroffenentreffen im März 2023 gewählt worden. Von der Landesregierung entsandt seien die Juristin Angela Faber, Dezernentin für Schulen und Integration beim Landschaftsverband Rheinland, und der Sozial- und Erziehungswissenschaftler Christian Schrapper, der Vorsitzender der UAK ist. Auf Vorschlag des Bistums arbeiten die Religionswissenschaftlerin Regina Laudage-Kleeberg, der Kirchenrechtler Thomas Schüller und der Historiker Thomas Großbölting mit. Großbölting hatte die 2022 veröffentlichte Missbrauchsstudie für das Bistum Münster geleitet.

Der Generalvikar des Bistums Münster, Klaus Winterkamp, betonte, man werde die eigenen Angebote für Missbrauchsbetroffene weiterhin aufrecht erhalten. An den Ansprechpersonen für sie werde das Bistum ebenso festhalten wie an dem Beraterstab, der insbesondere Bischof Felix Genn beim Vorgehen gegen sexuellen Missbrauch unterstützt.

Studie: Flächendeckender Missbrauch im Bistum Münster

Die Zahl der beschuldigten Priester und Missbrauchsopfer im Bistum Münster ist nach einer Studie der Universität Münster deutlich höher als bekannt. Laut der über zwei Jahre dauernden Forschungsarbeit eines fünfköpfigen Teams gab es von 1945 bis 2020 fast 200 Kleriker und bekannte 610 minderjährige Opfer von sexuellem Missbrauch. Damit sind 4,17 Prozent der Priester betroffen. Die Dunkelziffer ist erheblich höher. Die Forscher gehen von 5000 bis 6000 Opfern aus.

 Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster
 / © Lars Berg (KNA)
Studie zu Macht und sexuellem Missbrauch in Münster / © Lars Berg ( KNA )
Quelle:
KNA