DOMRADIO.DE: Was ist für Sie Würde?
Ralf Knoblauch (Diakon und Tischler aus Bonn) : Es ist ein nicht ganz einfacher Begriff in dieser Zeit. Würde hat sehr viel damit zu tun, wie wir zwischenmenschlich miteinander umgehen. Würde ist nur im Gegenüber erfahrbar: eine Begegnung auf Augenhöhe, sicher auch die Gleichwürdigkeit aller, die unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Nation und Religion ist.
Dieses Unantastbare, was das Postulat unseres Grundgesetzes ist, ist in diesen Zeiten gefragt und hat eine zentrale Rolle. Daran müssen wir uns messen, wie wir miteinander in dieser Demokratie umgehen.
DOMRADIO.DE: Sie produzieren zusammen mit Freunden Holztafeln als Zeichen für Menschlichkeit. Mehrere tausend Stück sind davon schon im Umlauf und es stehen zwei Worte drauf: "Würde" und "Unantastbar". Was wollen Sie mit diesen Holztafeln erreichen?
Knoblauch: Diese Täfelchen sollen sich multiplizieren und möglichst weit in ganz Deutschland verbreiten, verstärkt auch noch mal in Ostdeutschland, wo wir in diesem Jahr drei Landtagswahlen haben. Man soll im wahrsten Sinne des Wortes über diese Steine stolpern. Sie sind ein Stück weit an das Stolpersteinprojekt angelehnt, was alle kennen. Aber sie sind nicht hier personalisiert, sondern tragen das Thema letztlich überall hin, ob in Kneipen, in Krankenhäuser oder in Hospize.
Überall soll man über diese Täfelchen miteinander ins Gespräch kommen. Wir wollen das Thema der Würde wach halten und fragen, wo die Würde auch in diesen Zeiten mit dem extremen Rechtsruck in Deutschland ist?
DOMRADIO.DE: Warum ist das Thema gerade in unserer aktuellen weltpolitischen Situation so wichtig?
Knoblauch: Wir feiern in diesem Jahr groß 75 Jahre Grundgesetz. Wir merken durch die vielen Wahlen, die in Deutschland und in Europa anstehen, dass die Gleichwürdigkeit aller Menschen schon von einigen schwer in Frage gestellt wird. Da müssen wir uns deutlich positionieren.
Vor allen Dingen wir als Christinnen und Christen dürfen da nicht drüber hinweggehen. Das versuchen wir über dieses Haptische, nicht nur übers Wort, sondern über diese Tafeln.
DOMRADIO.DE: Welchen Beitrag zur Menschenwürde können die christlichen Kirchen leisten?
Knoblauch: Sie könnten sich in meinen Augen deutlicher positionieren. Ich fand es sehr gut, was der neue Erzbischof von Paderborn kürzlich in seiner Amtseinführung gerade zu diesem Thema gesagt hat. Nämlich, dass die Kirchen hier auch einen ganz klaren Auftrag haben. Das Gebot der Nächstenliebe wird von vielen angefragt und wir stehen für die Gleichwürdigkeit, für die Ebenbildlichkeit Gottes, aller Menschen.
Ich würde mir wünschen, dass dies von mehreren noch stärker ins Wort gefasst würde und es nicht bei Einzelpositionen bleibt. Die ostdeutschen Bistümer haben ein deutliches Statement abgegeben. Die Bischofskonferenz auch, aber es könnte noch lauter sein.
Ich wünsche mir eine klarere Position, auch zum Aufruf für diese vielen Demonstrationen für Demokratie und Menschenwürde. Da könnten wir noch viel deutlichere Zeichen in die Öffentlichkeit und in die Gesellschaft setzen.
DOMRADIO.DE: Alle Menschen können, sollen und bei Ihrer Initiative mitmachen. Wie können Sie das tun?
Knoblauch: Es machen schon sehr viele mit. Es finden sich viele Schreinereien und Betriebe, wo diese Täfelchen produziert werden. Letztlich kann jeder mitmachen, indem er vielleicht so ein Täfelchen auch selber herstellt.
Man muss die Worte "Würde" und "Unantastbar" und das Symbol für die Krone nicht unbedingt hineingebrannt haben. Man kann sie auch mit Kindern auf so ein Täfelchen schreiben, man kann sie mit einer Schablone draufsprühen oder wie auch immer. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Über unsere Homepage erfährt man viel darüber, auch wer schon alles mitmacht. Wir freuen uns über jeden Beitrag. Jedes Täfelchen ist ein Beitrag für die Stärkung der Demokratie in Deutschland.
Das Interview führte Dagmar Peters.