DOMRADIO.DE: Katholiken, die Georg heißen, feiern an diesem 23. April ihren Namenstag. Auch in Spanien ist das ein beliebter Vorname. Wie sagt man Georg auf Spanisch?
Stefan Gras (Pfarrer in der Deutschen Katholischen Gemeinde in Barcelona): Georg auf Spanisch wäre Jorge, allerdings hier in Katalonien Jordi. "Sant Jordi" hat hier einen ganz hohen Stellenwert, denn er ist der Landespatron Kataloniens.
DOMRADIO.DE: Warum hat er insbesondere in Barcelona und Umgebung ein so großes Ansehen?
Gras: Zum einen wegen der ländlichen Struktur des Landes, auf der anderen Seite aber auch wegen der Ritterlichkeit. Es gibt einzelne Städte in Katalonien, nicht in Barcelona, aber in der Umgebung, die etwas ganz Besonderes veranstalten, einen sogenannten "Correfoc", also einen Feuerlauf. Das hat etwas mit Feuerspucken zu tun. Da springt einen der Drache an, der von Jordi besiegt wird.
DOMRADIO.DE: Spielt die Legende des Drachentöters, in der Georg einen Drachen besiegt, eine große Rolle bei den Feiern um Barcelona?
Gras: Ja, sie kommt auch in verschiedenen Symbolen vor. Zum Beispiel schenkt man sich in Barcelona am Tag des Heiligen Jordi ein kleines Päckchen in den katalanischen Landesfarben. Darin ist eine Rose als das Zeichen der Verehrung für die Jungfrau, die in der Legende gerettet wird. Außerdem ist eine Weizenähre mit drin, denn Georgios, aus dem Griechischen, bedeutet wörtlich übersetzt der Bauer, der Landmann.
DOMRADIO.DE: Einerseits gibt es Rosen, oft werden aber auch Bücher verschenkt. Warum?
Gras: Wer an diesem Morgen durch Barcelona geht, befindet sich in weiten Teilen wirklich auf einem kompletten Bücher- und Rosenmarkt.
Heute ist der Welttag des Buches, denn es ist gleichzeitig der Sterbetag von Cervantes und von William Shakespeare. Beides zusammen sorgt für diese besondere Tradition in Katalonien, wo zum einen Bücher verschenkt werden und zum anderen eben auch rote Rosen.
DOMRADIO.DE: Ist das vergleichbar mit dem Valentinstag? Gibt es viel Kommerz?
Gras: Es gibt nicht ganz so viel Kommerz. Die Rosen sind erschwinglich. So ein Päckchen kostet normalerweise fünf Euro, je nachdem. Man bekommt es aber teilweise auch geschenkt.
Wenn man in manchen Supermärkten für mindestens fünf Euro einkauft, bekommt man an der Kasse zum Beispiel eine Rose dazu. Und die ganze Stadt ist voller Bücherstände und Rosenverkäufer.
DOMRADIO.DE: Auch an vielen Sehenswürdigkeiten in Barcelona kann die Verehrung von "Sant Jordi" beobachtet werden. Gibt es dafür Beispiele?
Gras: Ja, in der Sagrada Familia. Gaudi ist mit Figuren sehr zurückhaltend gewesen, aber eine Figur des Heiligen Jordi gibt es dort. Oder in dem Park Güell, den Gaudi gestaltet hat. Dort ist eine lange drachenähnliche Schlange zu sehen.
DOMRADIO.DE: Findet bei Ihnen in der katholischen Gemeinde in Barcelona anlässlich des Tages des "Sant Jordi" heute etwas Besonderes statt?
Gras: Nein, das ist kein Feiertag, sondern ein normaler Arbeitstag. Viele unserer Mitglieder haben einen weiten Weg zur Gemeinde, weil wir sehr verstreut wohnen. Aber wir werden durchaus am Sonntag noch mal des Heiligen Georgs gedenken.
Das Interview führte Dagmar Peters.