DOMRADIO.DE: In der Pfarrmitteilung haben Sie Ihren Entschluss, als leitender Pfarrer nicht weiter zu machen, damit begründet, dass Sie sich nicht mehr zwischen den Gemeinden zerreißen möchten. Sie würden auf Dauer keiner der vier Gemeinden mehr gerecht. Hat sich diese Situation langsam entwickelt oder war dieses Zerreißgefühl schon von Anfang an so?
Christoph Biskupek (Pfarrer in Erkrath-Hochdahl, gleichzeitig aber auch Pfarrverweser für den Sendungsraum Hilden/Haan mit drei weiteren Pfarreien): Das Gefühl hat es von Anfang an gegeben. Ich habe aber einen brauchbaren Weg gefunden, um die Dinge zu schaffen. Ich hatte allerdings die Hoffnung, dass das nur für ein paar Jahre ist. Als Pfarrverweser ist man in so einem Bereich ein bis zwei Jahre. Dann kommt hoffentlich ein Pfarrer. Das ist aber nicht so.
Ich bin jetzt sechs Jahre Pfarrverweser in Haan und Hilden, die große Gemeinden sind. Wenn ich in anderthalb Jahren die leitende Position aufgebe, wird nichts hingeschmissen. Es gibt eine Menge Vorlauf.
Ich muss sagen, als die Organisation der pastoralen Einheiten dazu kam, ist es an Arbeit massiv mehr geworden. Ich habe mich immer gefragt: Bist du zu faul oder kannst du das besser schaffen? Andere schaffen das auch. Irgendwie schaffe ich das, aber es ist ein wenig vorgespielt. Man tut so, als ob man es schafft, aber in Wahrheit schafft man es nicht. Das merken die Gemeinden auch.
DOMRADIO.DE: Ein Symptom ist, dass man als Pfarrer nicht überall gleichzeitig sein kann. Gibt es Aufgaben, die sich delegieren lassen wie die Verwaltung? Oder wollen alle Gemeinden, dass immer der Pfarrer vor Ort ist?
Biskupek: Wir müssen erst mal festhalten, dass die Entscheidung des Erzbistums und des damaligen Generalvikars Norbert Feldhoff, Verwaltungsleitungen einzuführen, klasse war. Die nehmen enorm viel Arbeit ab. Das ist eine tolle Erfindung. Die unterstützen die Kirchenvorstände und auch die Pfarrer, sodass wir mit dem Büro zum Beispiel nicht mehr so viel zu tun haben.
Selbstverständlich kann man viel delegieren, auch an Kirchenvorstände und Pfarrgemeinderäte. Dennoch muss ich versuchen, die Dinge zusammenzuhalten. Meine hauptsächliche Arbeit ist, die Pastoralteams zu begleiten, um mit den Gemeindereferentinnen, den Engagementförderinnen, Jugendreferentinnen, Kaplänen und Subsidiären eine möglichst gute Linie mit den Pfarrgemeinderäten zu finden.
Natürlich haben die Menschen noch die alte Vorstellung, dass der Pfarrer vor Ort ist. Das haben sie über meine Zeit sicherlich schon gelernt, dass das nicht mehr geht. Ich muss schon sagen, dass die Menschen in den Pfarreien sehr belastbar sind. Sie nehmen das an, weil sie wissen, dass es nicht anders geht. Deswegen darf ich mich auch überhaupt nicht beschweren.
Das Problem ist, dass die Zeit für die persönliche Seelsorge aus meiner Sicht hinten runter fällt. Obwohl ich mir vorgenommen habe, alles, was mit der pastoralen Einheit zu tun hat, auch als Seelsorge zu verstehen. Das ist nicht nur Management, das ist auch Seelsorge. Das muss ich ehrlich zugeben.
Vielleicht habe ich zu hohe Erwartungen an mich selbst, was ich schaffen soll, wenn ich so ein Amt habe. Es ist ein Lernprozess. Deswegen ist es, glaube ich, auch richtig, dass ich das ankündige. Ich schmeiße nicht hin, ich höre nicht einfach auf. Ich bin auch nicht total frustriert, sondern ich höre in dieser Funktion in anderthalb Jahren auf, wenn der Erzbischof dem zustimmt.
Wenn der Erzbischof sagt: "Christoph, mach noch ein Jahr länger", mache ich das eben noch ein Jahr länger. Wenn er sagt: "Christoph, ich habe noch keinen gefunden, mach noch ein bisschen länger", dann mache ich noch länger. Ich verweigere mich nicht. Es kann so nur nicht weitergehen.
Wenn ich als leitender Pfarrer aufhöre, bin ich 68 Jahre alt. Das muss man auch sehen. Man wird älter. Mein Zahnarzt hat mich gefragt, wie es mir geht. Ich sagte, dass es mir so "lala" gehe. Er fragte daraufhin, ob ich wisse, wie alt ich bin. Dann rennst du nicht mehr rum wie als 40-jähriger.
DOMRADIO.DE: Die Gemeinde in Hochdahl reagiert mit Bestürzung. Sie sind als Pfarrer beliebt. Man schätzt Ihre Predigten, man schätzt Ihre Spiritualität. Was wäre denn, wenn Sie in einigen Jahren aufhören und als Pfarrvikar im Erzbistum weiterwirken würden? Was wäre Ihr Wunsch? Würden Sie gerne in dem Sendungsraum in Hochdahl bleiben oder ist es Ihnen letztendlich egal, wo Sie als Pfarrvikar eingesetzt werden?
Biskupek: Zwei Dinge: Erstens, die Gemeinde ist nicht bestürzt. Die Gemeinde ist etwas traurig, aber alle sagen mir, dass sie mich verstehen. Das andere ist, dass ich dahin gehen werde, wohin man mich schickt. Das habe ich bisher immer so gemacht.
Wenn ich in dieser pastoralen Einheit als Pfarrvikar arbeiten dürfte, würde ich das gerne machen. Das heißt hier im Bereich Haan, Hilden, Erkrath, Hochdahl. Das muss man gucken, ob das sinnvoll ist, ob das das Erzbistum für richtig hält, ob das der Pfarrer, der sich dann gefunden hat, für richtig hält. Aber ich denke, da wird sich etwas finden.
Wenn es vielleicht sogar hier möglich wäre und klar ist, dass ich Pfarrvikar und kein Pfarrer mehr bin. Ich mache keine eigene Politik. Ich unterstelle mich ganz klar dem neuen Team und dem neuen Pfarrer. Wenn die das möchten, dann könnte ich mir das vorstellen. Wir müssen sehen, was wird.
Das Interview führte Jan Hendrik Stens.