Flüchtlinge sollen aus Sicht von Kirchenvertretern und Interessenverbänden besseren Schutz in Europa erhalten. "Jede Person, die an den EU-Außengrenzen ankommt, muss das Recht auf ein faires Anerkennungsverfahren haben", erklärte der katholische Flüchtlingsbischof Stefan Heße am Dienstag in Köln beim achten Flüchtlingsgipfel der katholischen Kirche in Deutschland.
Im Zentrum des Treffens stand der neue EU-Asylpakt GEAS, dem das Europäische Parlament kürzlich zugestimmt hatte. Das Paket enthält strengere Regeln für Migranten aus Staaten, die als relativ sicher gelten, und soll Hauptankunftsländer wie Italien und Griechenland entlasten. Der Pakt soll in rund zwei Wochen durch den EU-Ministerrat offiziell verabschiedet werden. Bis zu einem Inkrafttreten können laut Beobachtern jedoch noch bis zu zwei Jahre vergehen.
Kaum Rechtsmittel
Wenn der Kompromiss in Kraft trete, sei zu befürchten, "dass die humanitären Spielräume dabei enger werden und nicht weiter", warnte Heße. Das zeige sich vor allem an der Möglichkeit, ankommende Familien, auch Kinder, in Lagern an den EU-Außengrenzen festzuhalten. "Keine Grenze kann die Verweigerung von Schutz und die Missachtung der Menschenrechte legitimieren", betonte der Hamburger Erzbischof.
Auch die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Beate Rudolf, warnte vor den Auswirkungen des Paktes: "Aus unserer Sicht besteht bei den jetzt erreichten Regelungen ein hohes Risiko für Menschenrechtsverletzungen." Kritisch seien etwa die kurzen Fristen für die Prüfungsverfahren an den Grenzen. Außerdem gebe es kaum Möglichkeiten für Rechtsmittel gegen eine Ablehnung. Für die Menschen an den Grenzen brauche es zudem eine bessere rechtliche Beratung durch Anwältinnen und Anwälte.
Flüchtlingshilfe strategisch besser aufstellen
Erzbischof Heße warnte zugleich davor, Populisten zu großen Einfluss in den Debatten zur Asylpolitik einzuräumen. Insbesondere die rechte Szene sei hier sehr professionell aufgestellt: "Dagegen sind wir Waisenknaben." Die Kommunikation in der Flüchtlingshilfe müsse strategisch besser aufgestellt werden. Gleichzeitig forderte Heße vor dem Hintergrund des anstehenden Europawahlkampfs mehr Unterstützung sowie Schutz vor Anfeindung für alle Menschen, die in der Flüchtlingshilfe aktiv sind.
Ähnlich äußerte sich der Vorstand für Finanzen und Internationales des Deutschen Caritasverbands, Steffen Feldmann. Es sei wichtig, im öffentlichen Diskurs die Deutungshoheit zu Asylfragen nicht den populistschen Parteien zu überlassen. Langfristig bewertete Feldmann in diesem Zusammenhang den Asylpakt als eher positiv, da er die Entscheidungsfähigkeit des EU-Parlaments unterstreiche.
"Ohne Kirchen nicht funktionieren"
Kurzfristig hänge der Erfolg des Kompromisses aber vor allem von seiner Umsetzung ab. Feldmann warnte vor weiteren finanziellen Kürzungen im sozialen Bereich, insbesondere in der Integrationsarbeit.
Franz Lamplmair von der Generaldirektion Migration und Inneres der Europäischen Kommission in Brüssel verwies auf die Rolle der Kirchen im Migrationsbereich. Pfarrgemeinden und kirchliche Institutionen seien oft die ersten Ansprechpartner für geflüchtete Menschen vor Ort. Sie könnten die Hilfen umsetzen, die die EU mit dem Asylkompromiss schaffen wolle. "Migrations- und Asylsysteme in den EU-Staaten würden ohne das Engagement der Kirchen nicht so funktionieren können", erklärte der EU-Funktionär.