Kardinal fordert mehr Laien in Leitungspositionen der Kirche

"Polarisierte Kirche stößt mehr ab, als dass sie einlädt"

Mehr Einfluss von Laien in der katholischen Kirche ist eine zentrale Forderung der gegenwärtigen Reformdebatte. Kardinal Kasper hält sie für berechtigt. Außerdem beklagt er eine "kirchliche Weltuntergangsstimmung und Jammerseligkeit".

Walter Kasper, emeritierter Kurienkardinal, am 9. August 2013 in Freiburg / © Harald Oppitz (KNA)
Walter Kasper, emeritierter Kurienkardinal, am 9. August 2013 in Freiburg / © Harald Oppitz ( KNA )

Der langjährige Kurienkardinal Walter Kasper hat sich für eine stärkere Übertragung kirchlicher Leitungsaufgaben an nicht geweihte Katholikinnen und Katholiken ("Laien") ausgesprochen.

Zu den vordringlichsten Aufgaben der Bischöfe und Priester zähle eine "den Erfordernissen der Zeit entsprechende Verkündigung" des Evangeliums, sagte er in einem Gespräch mit dem Wiener Theologen Jan-Heiner Tück auf dem Online-Portal "communio.de" (Donnerstag) zum Fest Christi Himmelfahrt.

 "Wie schon in apostolischer Zeit"

"Viele andere Leitungsaufgaben sollten wir heute, wie schon in apostolischer Zeit Diakonen oder dazu befähigten Laien, Frauen und Männern, übertragen", fügte Kasper hinzu. Dabei verwies er auf die biblische Apostelgeschichte, in der es auch um die Wahl von Diakonen in der frühchristlichen Gemeinde gehe.

Walter Kasper winkt den Gläubigen nach seiner Bischofsweihe und Amtseinführung 1989 / © Ernst Herb (KNA)
Walter Kasper winkt den Gläubigen nach seiner Bischofsweihe und Amtseinführung 1989 / © Ernst Herb ( KNA )

"Eine zerstrittene und polarisierte Kirche stößt mehr ab, als dass sie einlädt", betonte der frühere Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen weiter: 

"Allein das einmütige Zeugnis und die Praxis der Liebe, der Einsatz für die Armen und die am Rand Lebenden sowie gegen himmelschreiende Ungerechtigkeit, gegen Krieg und Gewalt können unsere Botschaft von Gottes Liebe und Barmherzigkeit neu glaubwürdig machen."

Kasper verwies auf einen Appell des von den Nazis hingerichteten Jesuiten Alfred Delp. Dieser habe der Kirche vor seinem Tod ins Stammbuch geschrieben: "Die Rückkehr in die Diakonie ist der Ausweg aus der Krise."

Gegen "Weltuntergangsstimmung und Jammerseligkeit"

In dem Gespräch beklagte Kasper auch eine "kirchliche Weltuntergangsstimmung und Jammerseligkeit". Die gegenwärtige Kirchenkrise sei überaus komplex und habe vielfältige Ursachen: "Der Missbrauchsskandal ist einer, aber nicht der einzige Grund. Es reicht auch nicht aus, mit dem Finger auf die 'böse Welt' und die Säkularisierung unserer westlichen Gesellschaften zu zeigen."

Christen sollten sich selbstkritisch den Spiegel vorhalten und fragen, "ob die Krise nicht vor allem Zeichen unserer Christusvergessenheit ist".

Der 91-jährige Kasper war von 1989 bis 1999 Bischof von Rottenburg-Stuttgart. Dann wurde er in den Vatikan berufen, wo er zuletzt bis 2010 Präsident des päpstlichen Ökumene-Rats war. Der Geistliche, der seit 2001 Kardinal ist, lehrte zuvor lange Theologie in Münster und Tübingen und verfasste mehrere theologische Grundlagenwerke.

Kardinäle

Ein Kardinal ist der höchste katholische Würdenträger nach dem Papst. Das Wort "Kardinal" leitet sich vom lateinischen Wort "cardo" (Türangel) ab. Das Kardinalskollegium ist das wichtigste Beratergremium des Papstes. Zudem hat es die Aufgabe, für die Papstwahl zu sorgen. Dafür ist eine Richtgröße von 120 Papstwählern vorgesehen, die das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben dürfen; derzeit gehören dem Kollegium 128 wahlberechtigte und 110 nicht wahlberechtigte Kardinäle an. Der Papst bestimmt die Kardinäle frei.

Pileoli in rot, schwarz und violett liegen am 23. Januar 2018 in einem Paramentengeschäft in Köln auf einem Tisch / © Harald Oppitz (KNA)
Pileoli in rot, schwarz und violett liegen am 23. Januar 2018 in einem Paramentengeschäft in Köln auf einem Tisch / © Harald Oppitz ( KNA )


 

Quelle:
KNA