Weil die Gemeinde zum Internationalen Tag gegen Homo- und Transphobie am 17. Mai und zum örtlichen Christopher-Street-Day (CSD) an der Marienkirche eine Regenbogenfahne gehisst hat, zog Lochner in einem Facebook-Post einen Vergleich mit Hakenkreuzfahnen an der Kirche in der NS-Zeit, wie der MDR (Online) am Wochenende berichtete.
Laut Gemeinde ist die Regenbogenflagge an der Marienkirche auch eine Reaktion darauf, dass die Fahne nicht mehr an den Masten der Stadtverwaltung Pirna wehen darf. In dem laut MDR mittlerweile gelöschten Post habe OB Lochner geschrieben: "Wenn wir ganz tief recherchieren, werden wir Belege finden, dass auch Fahnen mit Kreuz und Haken an der Marienkirche hingen. Selbige Kirche darf hierzu gerne Stellung nehmen. Haltung zeigen. Tut sie es nicht, wird das Hissen der Regenbogenfahne zum willfährigen Symbol und zu billiger politischer Einmischung. Kurz: es war Staatskirche, es ist Staatskirche."
Solange auf Demonstrationen Antifa-Fahnen und Regenbogenfahnen gemeinsam geschwenkt werden, betrachte er den CSD als politische Organisation: "Mein Neutralitätsgebot zwingt mich, diese Fahne nicht hissen zu lassen."
Kirchgemeinde bekennt sich zu Offenheit und Toleranz
In einer auf der Webseite der Gemeinde veröffentlichten Stellungnahme nennt der Kirchenvorstand den Post "schwer erträglich und inhaltlich falsch". Die evangelische Kirche habe die Fehler von Teilen ihrer Institution zwischen 1933 und 1945 erkannt und bereut. "Eben diesen Fehler wollen wir heute nicht wieder begehen und wollen 'mutig bekennen', dass Offenheit und Toleranz zu unserem Grundverständnis gehören." Das Hissen der Regenbogenflagge sei Ausdruck der Solidarität mit nach wie vor bedrängten Menschen.
Weiter hieß es, die Kirchgemeinde wolle "zukünftig nicht öffentlich auf öffentliche Äußerungen reagieren müssen. Der Telefonhörer für ein persönliches Gespräch liegt nur eine Hand weit entfernt." Der Kirchenvorstand kündigte zudem an, der Bibliothek des Oberbürgermeisters ein Gesangbuch zu schenken. Darin sei die "Barmer Theologische Erklärung" von 1934 nachzulesen, in der sich Christen "deutlich gegen den schlimmen, bösen und tödlichen Ausgrenzungswillen des Führerstaats" gewandt hatten.
Tim Lochner war im Dezember 2023 zum bundesweit ersten AfD-Oberbürgermeister gewählt worden. Der für die AfD angetretene parteilose Tischlermeister erhielt damals im zweiten Wahlgang 38,54 Prozent der Stimmen.