Das sagte der Jurist im Interview der "Welt" (Freitag). Dreier bezog sich dabei auf Demonstrationen von Muslimen in Hamburg für die Einführung eines Kalifats in Deutschland Ende April. Diese wurden maßgeblich durch den Verein "Muslim Interaktiv" organisiert. Ein Verbot der Vereinigung, wie es nach den Protesten Politiker verschiedener Parteien gefordert hatten, kann laut Dreier allerdings nicht schon durch die Ablehnung der verfassungsmäßigen Ordnung legitimiert werden.
"Das mag für manche Leute befremdlich klingen. Aber für den freiheitlichen Verfassungsstaat ist diese Bekenntnisfreiheit zentral", so der Staatsrechtler. "Man darf also sagen: 'Ich halte das Kalifat für besser.' Oder: 'Ich halte die Gleichberechtigung von Mann und Frau für die Katastrophe des Jahrhunderts.'"
Zivilcourage ist gefragt
Besser sei es, wenn die Gesellschaft aktiv den Meinungskampf aufnehme, betonte Dreier. "Wenn in Hamburg 1.000 Muslime auf einer Demonstration behaupten, dass das Kalifat 'die Lösung' sei, dann wäre das Beste, wenn am folgenden Wochenende 10.000 Hamburger Bürger auf die Straße gingen und sagten: 'Es gibt nichts Besseres als das Grundgesetz.'"
Gegen Vorstellungen einer Leitkultur in Deutschland, wie sie die Union in ihr neues Grundsatzprogramm aufgenommen hat, gibt es nach Dreiers Ansicht zunächst nichts einzuwenden. Problematisch werde es erst, wenn sie in ein Gesetz gegossen und ein Nicht-Bekenntnis zu ihr unter Strafe gestellt werde. "Der Staat darf die Leute nicht zwingen, einer gewissen Gesinnung zu folgen", erklärte der Jurist.