Kirche und Argentiniens Präsident auf Konfrontationskurs

Gottesdienst wird zur Standpauke für den Regierungschef

Der Dankgottesdienst Te Deum hat in Argentinien seinen festen Platz im politischen Kalender. Es ist der Tag, an dem die katholische Kirchenspitze der Regierung die Leviten liest. Für Präsident Javier Milei war am Freitag Premiere.

Autor/in:
Tobias Käufer
Javier Milei, Präsident von Argentinien, stützt seinen Kopf auf seine Hände bei einem Gottesdienst im Vatikan. / © Alessia Giuliani/CPP (KNA)
Javier Milei, Präsident von Argentinien, stützt seinen Kopf auf seine Hände bei einem Gottesdienst im Vatikan. / © Alessia Giuliani/CPP ( KNA )

Sie sollte für den seit gut einem halben Jahr amtierenden Regierungschef zu einer Standpauke werden. Zwischen dem Präsidentenpalast Casa Rosada und der Kathedrale des Erzbistums Buenos Aires liegen nur wenige Meter, sodass es dem Amtsinhaber schwer fällt, dieser "Generalpredigt" aus dem Weg zu gehen. 

Javier Milei / © Natacha Pisarenko (dpa)
Javier Milei / © Natacha Pisarenko ( dpa )

Erzbischof Jorge Garcia Cuerva nutzte die Predigt, um auf die großen sozialen Probleme des Landes aufmerksam zu machen. Er forderte dazu auf, solidarisch mit den Schwächsten der Gesellschaft zu sein. Es war eine kaum verschlüsselte Kritik an der Sparpolitik der Regierung.

Arme profitieren nicht von Ausgabendisziplin

Deren Kurs führt zwar dazu, dass die Inflation spürbar zurückgeht, der Staat keine neuen Schulden mehr produziert und der Internationale Währungsfonds (IWF) als größter Gläubiger voll des Lobes ist. Doch die Armen profitieren bislang nicht von der neuen Ausgabendisziplin - eher im Gegenteil.

Der Erzbischof sprach auch eine wachsende Macht der organisierten Kriminalität an, bat um Gottes Beistand gegen Drogenhandel, Korruption, Egoismus und Gleichgültigkeit. Der Vorsitzende der Argentinischen Bischofskonferenz, Bischof Oscar Ojea von San Isidro, erhob über die Medien zudem schwere, konkrete Vorwürfe gegen Milei. 

Laut einem Bericht des Portals "Infobae" warf er dessen Regierung vor, fünf Millionen Tonnen Lebensmittel in Lagern zurückzuhalten. Ojea forderte die zuständigen Stellen auf, den Prozess der Verteilung zu beschleunigen.

Ermittlungen gegen Armenspeisungen

Sicherheitsministerin Patricia Bullrich entgegnete laut der Zeitung "Clarin", die Regierung halte die Lebensmittel nicht zurück. Es gehe vielmehr darum, ihren Diebstahl zu verhindern. Hintergrund sind Ermittlungen der Justiz gegen Einrichtungen der Armenspeisung, die der linken Vorgängerregierung nahe stehen. 

Sie sollen im großen Stil Hilfsgelder kassiert haben, ohne überhaupt entsprechende Dienstleistungen anzubieten. Milei kündigte in diesem Zusammenhang an, das gesamte System der Armenhilfe neu zu organisieren.

Milei will radikale Reformen 

Der libertäre Politiker ist laut jüngsten Umfragen einer der populärsten Präsidenten Südamerikas. Er will das überschuldete Land mit marktradikalen Reformen sanieren, die Hyperinflation nachhaltig stoppen und die Wirtschaft wieder ankurbeln. 

Gewerkschaften und soziale Organisationen werfen ihm vor, die ärmeren Bevölkerungsschichten zu vernachlässigen. Die schon seit Jahren hohe Armutsrate ist seit Mileis Amtsantritt noch einmal gestiegen. Der Präsident versicherte, nach einem schweren ersten Jahr werde sich die Wirtschaft spürbar erholen. 

Quelle:
KNA