"Das haben wir alle unterschätzt", sagte Marx der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch). "Dass man zum Beispiel im Kindergarten auf Sankt Martin oder Nikolaus verzichtet, weil das christlich ist. Das ist Futter für die Radikalen." Der Erzbischof von München und Freising ergänzte: "Man kann doch auch sagen, das gehört zu unserer Tradition, dieses verkrampfte Weglassen ist keine Integration."
Marx: "Man muss zum Eigenen stehen"
Marx mahnte: "Man muss zum Eigenen stehen und kann dann neugierig sein auf das Neue, man kann doch beides feiern: Nikolaus und Zuckerfest. Die Kirchen müssten hier auch vorangehen bei den Begegnungen. Aber leider ist der interreligiöse Dialog nach dem Anschlag der Hamas sehr schwierig geworden."
Ferner sprach sich der Kardinal gegen AfD-Funktionäre in kirchlichen Gremien aus. "Ich kann nicht akzeptieren, dass ein Funktionär der AfD Mitglied eines Gremiums ist." Mit ideologisch verbohrten Funktionären mache Dialog keinen Sinn. "Wer das eigene Volk für höherwertig hält, verlässt die gemeinsame Diskussionsgrundlage. Aber die Frage ist: Wie erreichen wir die Menschen, die aus unterschiedlichen Motiven die AfD wählen? Ich kann nicht sagen, jeder von ihnen sei für uns ein 'Outlaw'."
Erzbischof hat Sorge vor Rückzug der Demokraten aus Angst
Der Erzbischof ergänzte, er habe die Sorge, dass sich manche Demokraten aus Furcht vor Angriffen zurückzögen und der Einsatz für die Demokratie leide. Doch beispielsweise von engagierten Kommunalpolitikern und -politikerinnen lebe die Demokratie. "Mehr Wertschätzung für Politiker und Politikerinnen wäre ein Mittel, um die Radikalisierung zu reduzieren."