Vorwürfe gegen verstorbenen Priester im Erzbistum Paderborn

Missbrauchsvorwürfe im Exil

Der Fall eines wegen sexuellen Missbrauchs verurteilten Priesters aus dem Bistum Aachen beschäftigt das Erzbistum Paderborn. Der 2016 Verstorbene sei zwischen 1971 und 2008 in vier Gemeinden der Erzdiözese Paderborn tätig gewesen.

Ein Betroffener von sexuellem Missbrauch durch einen katholischen Priester steht in der Kirche, in der das Verbrechen stattgefunden hat. / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Betroffener von sexuellem Missbrauch durch einen katholischen Priester steht in der Kirche, in der das Verbrechen stattgefunden hat. / © Harald Oppitz ( KNA )

Das teilte die unabhängige Stabsstelle Intervention am Mittwoch in Paderborn mit. Bislang seien fünf Missbrauchsvorwürfe aus der Zeit bekannt. Das Erzbistum bittet mögliche weitere Betroffene, sich zu melden. Alle Informationen würden vertraulich behandelt, hieß es.

Der ursprünglich im Bistum Aachen beschäftigte Priester war den Angaben nach im Jahr 1969 wegen sexuellen Missbrauchs von minderjährigen Jugendlichen zu einer Haftstrafe verurteilt worden, die er 1970 und 1971 im offenen Vollzug im westfälischen Attendorn verbüßte. Während des offenen Vollzugs sei er in der Gemeinde vor Ort seelsorglich tätig gewesen. So hätten ihm zwei fachärztliche und psychologische Gutachten attestiert, dass bei einem zukünftigen Einsatz keine weiteren Ausfälligkeiten im sexuellen Bereich zu erwarten seien, erläuterte das Erzbistum. Auch der damalige JVA-Leiter hätte die Einschätzung geteilt.

Bistum Aachen bat um Versetzung

Nach seiner Entlassung bat das Bistum Aachen das Erzbistum Paderborn, den Priester im Gemeindedienst einzusetzen, wie es weiter hieß. Der damalige Erzbischof Lorenz Jaeger (1892-1975) stimmt dem zu. Der Priester war daraufhin ab 1971 in Peckelsheim und ab 1975 in Letmathe tätig. Sechs Jahre später wechselte er in die Kirchengemeinde Rüthen nahe Warstein. Ab 1991 bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2008 nahm er seelsorgliche Aufgaben im sauerländischen Arnsberg wahr.

Der Wechsel nach Arnsberg sei erfolgt, nachdem dem Priester vorgeworfen worden war, sexuelle Kontakte zu einem Jugendlichen zu unterhalten, hieß es weiter. Auf Wunsch der Familie, die das Kind habe schützen wollen, sei der Fall nicht öffentlich gemacht worden. Mit der Versetzung nach Arnsberg erhielt der Priester demnach die Auflage, den früheren Einsatzort zu meiden.

Das Erzbistum bedauere den Einsatz des Priesters

Kenntnis von vier weiteren Vorwürfen gegen den Priester während seines Einsatzes in Westfalen erhielt die Erzdiözese nach eigenen Angaben erst nach dessen Tod 2016. Gemeldet worden seien vier weitere Fälle, jeweils zwei aus der Zeit des Mannes in Peckelsheim und in Rüthen. Das Erzbistum erklärte am Mittwoch, es bedauere "ausdrücklich den nicht nur aus heutiger Sicht unverantwortbaren Einsatz des Priesters".

Die Akten des beschuldigten Priesters wurden demnach bereits im Rahmen der 2018 veröffentlichten MHG-Studie zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs durch Priester in der katholischen Kirche eingebracht. Zudem wurden sie in der Aufarbeitungsstudie für das Erzbistum Paderborn berücksichtigt, die ein Forschungsteam der Universität Paderborn erstellt hat.

Missbrauchsbeauftragte will klare Regeln für Betroffenen-Beteiligung

Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, will Regeln für die Beteiligung von Betroffenen an Aufarbeitungsprozessen erarbeiten. Sie erklärte am 2. November in Berlin, bisher habe es immer wieder Konflikte gegeben, weil die Mitarbeit von Betroffenen nicht klar und verbindlich geregelt sei. Es müsse sichergestellt werden, dass ihre Perspektive "von Anfang an gleichberechtigt" eingebracht werde und Entscheidungen gemeinsam getroffen würden, erklärte die Missbrauchsbeauftragte.

Kerstin Claus / © Bernd von Jutrczenka (dpa)
Kerstin Claus / © Bernd von Jutrczenka ( dpa )
Quelle:
epd