Mainzer Bischof kontert Aussagen von Ex-SPD-Chef Müntefering

"Entspricht nicht der tatsächlichen Praxis"

Die Aussagen von Franz Müntefering, früherer Vizekanzler und SPD-Vorsitzender, gegen die katholische Kirche in der "Bild am Sonntag" sorgen für Reaktionen. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf kontert, die Aussagen seien inakzeptabel.

Bischof Peter Kohlgraf / © Bert Bostelmann (KNA)
Bischof Peter Kohlgraf / © Bert Bostelmann ( KNA )

In deutlichen Worten weist der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf Vorhaltungen von Franz Müntefering zurück. Der SPD-Politiker hatte die Kirche als Staat im Staat bezeichnet und die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs durch kirchliche Beschäftigte kritisiert. Kohlgraf schrieb nun auf Facebook: "Es gibt klare Verfahrensschritte, die auch mit der unabhängigen Beauftragten für sexuellen Missbrauch in Berlin abgesprochen sind."

Kirchliche Verfahren auch bei Verjährung

Er könne Münteferings Behauptungen nicht akzeptieren, die Kirche verstehe sich als Staat im Staat und sie würde Missbrauchsfälle nicht an die Polizei oder an die Staatsanwaltschaft melden, schrieb der Bischof am Sonntag. "Das entspricht seit Jahren überhaupt nicht mehr der tatsächlichen Praxis." Allerdings gelte, dass die Staatsanwaltschaften bei bereits verjährten Fällen oder bei verstorbenen Beschuldigten keine Verfahren eröffnen – in diesen Fällen griffen jedoch die kirchlichen Verfahren, betont Kohlgraf.

"Wenn der Staatsanwalt ermittelt, ruht das kirchliche Verfahren. Der Staat hat das absolute Vorrecht", betonte der Mainzer Bischof. Er sei verwundert, dass ein erfahrener Politiker wiederholt, was längst keine Realität mehr sei.

Fehlverhalten mit kirchlichem Segen

Müntefering bezog sich in der "Bild am Sonntag" nicht nur auf die Missbrauchsfälle, sondern sprach auch von einer "Arroganz, mit der die Kirche solche Leute, die ja Straftäter und Verbrecher sind, nicht der Polizei meldet, sondern Fehlverhalten mit ihrem kirchlichen Segen unter sich klärt".

Bischof Kohlgraf: Zeit der Volkskirche geht dem Ende entgegen

Die bevorstehende tiefgreifende Pfarreienreform im Bistum Mainz ist nach Einschätzung von Bischof Peter Kohlgraf mit einem Abschied von der Volkskirche verbunden. "Die Zeit der Volkskirche, in der viele auch emotional groß geworden sind, geht dem Ende entgegen oder ist bereits an ein Ende gekommen", sagte Kohlgraf in einer veröffentlichten Mitteilung des Bistums. Es sei nicht hilfreich, "einer scheinbar guten goldenen Welt nachzutrauern". Vielmehr gelte es, im "Hier und Heute" das Evangelium zu den Menschen zu bringen.

Mainzer Dom / © Julia Steinbrecht (KNA)
Mainzer Dom / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA