Parolin ruft im Libanon zu Frieden in Nahost auf

"Der Nahe Osten kann keinen Krieg gebrauchen"

Neben Israel und Gaza rückt auch der Libanon immer mehr in den Fokus des aktuellen Nahostkonflikts. Der Papst hat seinen zweiten Mann, Kardinal Pietro Parolin, dorthin geschickt, um sich für Frieden einzusetzen.

Wirtschaftskrise im Libanon spitzt sich zu / © Richard Juilliart (shutterstock)
Wirtschaftskrise im Libanon spitzt sich zu / © Richard Juilliart ( shutterstock )

Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hat die Konfliktparteien im Nahen Osten aufgefordert, die Kampfhandlungen einzustellen. "Der Libanon, der Nahe Osten und die ganze Welt können keinen Krieg gebrauchen", sagte er laut libanesischen Medienberichten am Mittwoch vor Medienvertretern in Beirut. Zuvor hatte er an drei Tagen Gespräche mit wichtigen Akteuren im Land geführt und bei Gottesdiensten gepredigt.

 Pietro Parolin
 / © Gordon Welters (KNA)
Pietro Parolin / © Gordon Welters ( KNA )

Die Lage im Nahen Osten bezeichnete Parolin als kritisch. Ein Friedensabkommen sei nötig, damit die Geiseln im Gazastreifen freigelassen werden und dringend benötigte Hilfe zu den Menschen in Gaza komme. Sein Besuch sei auch ein Versuch, zu einer Lösung der Krise im Libanon beizutragen, erklärte Parolin.

Die deutsche Bundesregierung hatte am Mittwoch ihre Reisewarnung verschärft und deutsche Staatsbürger dringend zum Verlassen des Libanons aufgefordert. Die Sicherheitslage in der Region sei "hoch volatil", eine weitere Zuspitzung der Lage sowie eine Schließung des Rafik-Hariri-Flughafens in Beirut könnten nicht ausgeschlossen werden, so das Auswärtige Amt am Mittwochabend.

Spannungen zwischen Religionsgruppen nehmen zu

Anlässlich des Parolin-Besuchs fanden auch interreligiöse Begegnungen statt, um die friedliche Koexistenz der verschiedenen Religions- und Bevölkerungsgruppen im Libanon zu unterstreichen. Doch traten auch dabei Spannungen zwischen der größten christlichen Gemeinschaft im Libanon, den Maroniten, und den schiitischen Kräften (Hisbollah und Amal) zutage.

So blieben Vertreter der Schiiten einem religiösen Gipfeltreffen fern, zu dem der maronitische Patriarch Kardinal Bechara Rai Vertreter der Religionsgruppen am Dienstag an seinen Amtssitz in Bkerke nördlich von Beirut geladen hatte. Hintergrund des schiitischen Boykotts sind laut der Zeitung "L'Orient le jour" (OlJ) jüngste Äußerungen Rais, der Libanon dürfe "nicht länger eine Abschussrampe für terroristische Akte" sein, welche die Sicherheit und Stabilität der Region gefährdeten.

Kritische Einlassungen des vatikanischen Chefdiplomaten zur libanesischen Politik wie auch zur katastrophalen Wirtschaftslage spielten laut örtlichen Medien bei Gesprächen mit Religions- und Politikvertretern vor Ort eine Rolle. Der Vatikan sorge sich um den Erhalt der "Identität des Libanon, die im Nahen Osten einzigartig ist und die es zu bewahren gilt", so Parolin laut Berichten.

Bauschutt im Innenhof des teilweise zerstörten Franziskanerklosters Sankt Joseph in Beirut, das bei der Explosion im Hafen Beiruts schwer beschädigt wurde. / © Francesca Volpi (KNA)
Bauschutt im Innenhof des teilweise zerstörten Franziskanerklosters Sankt Joseph in Beirut, das bei der Explosion im Hafen Beiruts schwer beschädigt wurde. / © Francesca Volpi ( KNA )

Unter anderem warnte er, das einem maronitschen Christen zustehende Präsidentenamt in Beirut weiterhin vakant zu lassen. Dies würde einer "politischen Ermordung des Konsenssystems" gleichkommen.

Die zügige Wahl eines Nachfolgers für den bereits im Oktober 2022 aus dem Präsidentenamt geschiedenen Michel Aoun (90) ist eine der zentralen Forderungen Kardinal Rais gegenüber der libanesischen Politik. Seit 1943 stellen die Maroniten stets den Staatspräsidenten, die Sunniten den Regierungschef und die Schiiten den Parlamentspräsidenten.

Parolin beendet am Donnerstag seinen fünftägigen Libanonbesuch, bei dem er unter anderem mit Übergangsregierungschef Nadschib Mikati sowie mit Parlamentspräsident Nabih Berri zusammentraf. Ein weiterer Schwerpunkt der Reise waren laut vatikanischen Medienberichten humanitäre Projekte und Programme des Malteserordens im Libanon.

Libanon

Der Libanon ist geprägt durch das Nebeneinander zahlreicher Religionen. Mit etwa 30 Prozent hat die parlamentarische Demokratie den größten Anteil Christen in der Arabischen Welt. Die Muslime - Sunniten und Schiiten - machen inzwischen wohl mehr als 60 Prozent aus. Offiziell anerkannt sind 18 Religionsgemeinschaften, darunter die Minderheiten der Drusen und Alaviten.

Symbolbild: Flagge des Libanon / © Yulia Grigoryeva (shutterstock)
Symbolbild: Flagge des Libanon / © Yulia Grigoryeva ( shutterstock )
Quelle:
KNA