DOMRADIO.DE: Kroatien verbinden viele mit Urlaub. Liegen Sie am Strand?
Hans-Gerd Paus (Pfarrer auf Pilgerreise): Nein, ich liege nicht am Strand, aber in Strandnähe. Und ich werde heute wahrscheinlich auch noch eine Runde schwimmen gehen. Ich liege auf einem Campingstuhl, den die Nachbarn aus Slowenien mir gerade hingeschoben haben, weil sie womöglich Mitleid hatten. Ich saß auf einem Holzklotz vor meinem kleinen Zelt auf dem Campingplatz.
DOMRADIO.DE: Vor wenigen Tagen, da haben sie Dubrovnik erlebt. Die Stadt ist vor allem seit der Serie Game of Thrones ein ziemlicher Hotspot für Touristen geworden. Wie haben Sie die Stadt erlebt?
Paus: Dubrovnik steht tatsächlich auf der Liste der Städte, die ich nicht wieder besuchen möchte. Die Stadt hat viele Steine, die bestimmt alte Geschichten erzählen. Aber die aktuelle Geschichte, die sie erzählen, ist absolut überlaufen.
Ich meine, ich darf nicht auf die Touristen schimpfen, ich bin selber einer. Aber hier ist alles massiv überteuert. Ich fand es nicht gerechtfertigt, für einen Liter Wasser im Supermarkt vier Euro zu nehmen. Nein, da möchte ich nicht wieder hin, ganz ehrlich nicht.
DOMRADIO.DE: Seit unserem letzten Gespräch - da waren Sie ja noch in Griechenland - haben Sie auch Albanien und Montenegro durchquert. Was ist denn da besonders in Erinnerung geblieben?
Paus: Die Menschen sind sehr herzlich, muss ich wirklich sagen. Ich fühlte mich da sehr wohl. Ganz im Gegensatz zu den Befürchtungen, die ich vorher hatte. Ich habe mit den Ländern etwas verbunden, das nicht so positiv war. Aber das war ein guter Aufenthalt, was die Menschen betrifft.
Was mich richtig schmerzte, war gerade die Albaner, die haben keinerlei Bezug zu ihrer Natur. Ich sehe überall massiven Müll. Also so viel habe ich auf meiner ganzen Route sonst nirgendwo gesehen. In den schönsten Wäldern und Flussläufen. Das war erschreckend.
DOMRADIO.DE: Ein großes weiteres Problem ist Hitze. Das führt zu permanenten Wassersuche. Das habe ich bei Ihnen im Status gesehen. Man kann sie verfolgen, bei der App PolarSteps.
Paus: Ja, das Wasser bestimmt meine ganze Route. Ich brauche zurzeit, wenn es sehr heiß ist, am Tag so sieben Liter. So eine richtige Dampfmaschine, das schwitze ich gleich wieder aus. Das heißt, ich muss sehen, dass ich Infrastruktur habe, wo es auch Supermärkte gibt.
Ich trage aktuell so drei Kilo Wasser mit mir herum. Das reicht natürlich nicht. Ich sehe zu, dass ich alle zehn Kilometer, das entspricht dann zwei Stunden, nachkaufen kann. Das erfordert, dass ich den Touristenströmen folgen muss. Denn im Inland selber gibt es kaum Läden. So lerne ich hier viele Touristen kennen und viele Menschen, mit denen ich dann auch mal ins Gespräch komme. Und so habe ich auch Wasser. Das Problem ist: Unterkünfte sind nicht bezahlbar. Also 250 Euro für ein Bett die Nacht ist üblich.
DOMRADIO.DE: Mücken lassen Sie nicht schlafen, habe ich gelesen. Die Hitze ist unerträglich. Manchmal fühlen Sie sich durchaus übers Ohr gehauen. Und dann musste ich auch noch von einem angegriffenen Herz-Kreislauf-System bei der Hitze lesen. Wie schützen Sie sich vor all dem?
Paus: Ja, Sie haben recht. Meine Ost-West-Route ist beschwerlich. Wahrscheinlich auch deshalb, weil ich Schwierigkeiten habe, genug Wasser zu bekommen. In Norwegen war das gar kein Problem. Da gab es überall Wasser und mein Müsli aus dem Rucksack konnte ich essen. Da habe ich darüber nie nachdenken müssen, auch wenn ich da tagelang alleine war.
Aber hier gibt es viel, auf das ich achten muss, was ich planen muss. Und in Norwegen bin ich einfach von Nord nach Süd gelaufen, das hat irgendwie geklappt. Ich war auf mein Zelt angewiesen und das war sehr zuverlässig. Hier darf ich nicht wildzelten und das wird gerade hier auch kontrolliert, weil ich durch die Touristengegenden laufe. Hier bin ich darauf angewiesen, dass ich einen Platz finde, wo ich schlafen kann. Aber irgendwie klappt das alles sehr gut. Es ist verrückt, wenn ich mir zu viele Gedanken mache.
DOMRADIO.DE: Hand aufs Herz: Was nehmen Sie eigentlich alles mit in Ihr tägliches Gebet?
Paus: Das ist sehr viel und sehr wenig zugleich. Erst mal habe ich immer noch viele Leute, die mir schreiben und Gebetsanliegen senden, die nehme ich gerne mit ins Gebet. Wenn ich laufe und an nichts denken muss, dann gehe ich meine Freunde, Freundinnen, Bekannten, auch die Inhaftierten noch mal durch und formuliere Gebete. Das liebste Gebet habe ich morgens früh. Ich lobe den Tag schon vor dem Abend.
DOMRADIO.DE: Von Endspurt kann man ja noch nicht so wirklich reden. Sie haben ja noch einiges vor sich. Wieviel Kilometer sind es noch bis Italien? Kühler sein soll es da ja auch nicht wirklich. 50 Grad sind vorhergesagt für die kommenden Tage.
Paus: Bis Italien ist es gar nicht mehr weit. Also ich denke Anfang August bin ich da, weil ich ab Zadar eine Fähre nach Pula genommen habe. Dazwischen liegt ein langes Stück, wo es keine Touristen gibt und ich keinerlei Unterkunft gefunden habe, wo ich hätte bleiben können. Von Pula aus sind es noch so 100 Kilometer bis Italien. Wenn da jetzt 50 Grad gemeldet sind, wollen wir mal sehen, ob das dann immer noch ist, wenn ich dann ankomme. Und sonst verbleibe ich halt für ein oder zwei Tage in Herberge.
DOMRADIO.DE: Viele Kilometer sind es insgesamt noch, die sie vor sich haben.
Paus: Ja, aber wenn ich Italien bin, habe ich irgendwie das Gefühl, dann bin ich zu Hause. Zum einen fühle ich mich in Italien recht wohl, wenngleich ich auch manchmal auf die Italiener schimpfe, aber sie schimpfen auch über mich. Die gesamte Strecke wird dann noch zwischen 2.500 und 3.000 Kilometer sein.
Das Interview führte Oliver Kelch.