Kirchliche Hilfswerke kritisieren FDP-Pläne

"Es braucht ein eigenes Entwicklungsministerium"

Entwicklungszusammenarbeit ohne eigenes Ministerium; das fordern Teile der FDP. Die kirchlichen Hilfsorganisationen Brot für die Welt und Misereor üben deutliche Kritik. Auch aus der Ampelkoalition melden sich ablehnende Stimmen.

Misereor-Logo / © Julia Steinbrecht (KNA)
Misereor-Logo / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Pläne der FDP, das Entwicklungsministerium als eigenes Ressort aufzulösen, sind von Hilfsorganisationen entschieden zurückgewiesen worden. "Eine von humanitären Werten geleitete Entwicklungspolitik braucht ein eigenständiges Ministerium und muss am Kabinettstisch vertreten sein." 

"Sonst werden die Bemühungen zur Überwindung von Hunger und Armut weiter nachlassen", sagte ein Sprecher des evangelischen Hilfswerks Brot für die Welt auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es sei eine besondere Stärke Deutschlands, dass es ein eigenständiges Entwicklungsministerium besitze, fuhr der Sprecher fort und warnte:

"In fast allen Ländern, die ihr Entwicklungsministerium abgeschafft haben, gingen sowohl Quantität als auch Qualität der Entwicklungszusammenarbeit stark zurück."

Kritik auch von Misereor

Ähnlich äußerte sich das katholische Werk für Entwicklungszusammenarbeit Misereor. Ein eigenständiges Entwicklungsministerium sei "unentbehrlich", sagte der Geschäftsführer für internationale Zusammenarbeit bei Misereor, Bernd Bornhorst, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch). 

Bernd Bornhorst ist Geschäftsführer Internationale Zusammenarbeit bei Misereor / © Harald Oppitz (KNA)
Bernd Bornhorst ist Geschäftsführer Internationale Zusammenarbeit bei Misereor / © Harald Oppitz ( KNA )

Es dürfe keine Unterordnung der Entwicklungszusammenarbeit unter außenpolitische Interessen geben. Der neue FDP-Vorstoß sei "offenbar dem Sommerloch geschuldet", kritisierte Bornhorst.

"Nach den fatalen Plänen zu Kürzungen im Bereich Humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit ist dieser erneute Vorschlag ein weiteres Beispiel, wie unter dem Vorwand von Effizienzsteigerung und knappen Mitteln versucht wird, wichtige Politikbereiche 'abzuräumen', die offensichtlich Teilen der FDP nicht in ihr Weltbild passen."

Welthungerhilfe fordert Beseitigung von Hunger und Armut

Mathias Mogge / © Joachim Heinz (KNA)
Mathias Mogge / © Joachim Heinz ( KNA )

Welthungerhilfe-Generalsekretär Mogge sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland", die Bundesregierung sollte sich im Streit um den Bundeshaushalt vor allem um die Beseitigung von Hunger und Armut kümmern. 

Natürlich sei es wichtig, im Ministerium klare Anstrengungen für Effizienz und Wirkung fortzuführen. Dafür brauche es aber keine Auflösung und Verlegung in ein anderes Ministerium, sagte Mogge.

Internes Parteipapier enthüllt

Zuvor hatte das Magazin "Politico" über ein internes Parteischreiben berichtet. Demnach soll das Entwicklungsministerium als eigenes Ressort aufgelöst und in das Auswärtige Amt eingegliedert werden.

Das Papier, das dem Bericht zufolge nicht von Fraktion oder Parteiführung beschlossen wurde, soll als Argumentationshilfe für die Haushaltsverhandlungen dienen.

"Absolute Luftnummer"

Auch der stellvertretende entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Manuel Gava, kritisierte den Vorstoß gegenüber dem "Tagesspiegel" scharf: 

"Das ist eine absolute Luftnummer der FDP, die hofft, damit ein paar mehr Stimmen zu erhalten." Die Haushaltsmittel für das Ministerium sind im aktuellen Haushaltsentwurf bereits stark gekürzt worden. 

Der SPD-Außenpolitiker Nils Schmid sprach von einer "Sommerlochdebatte, die ohne Folgen bleiben wird". Dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" sagte der Bundestagsabgeordnete, eine Zusammenlegung des Entwicklungsministeriums mit dem Auswärtigen Amt würde keinerlei konkreten Nutzen bringen. Die FDP habe einen Koalitionsvertrag unterschrieben, der ein eigenständiges Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit vorsehe.

Die FDP hatte bereits in ihrem Wahlkampf 2009 vorgeschlagen, das Ministerium abzuschaffen. Bei der Regierungsbildung mit der Union übernahm schließlich der FDP-Politiker Dirk Niebel das Ministerium.

Bischöfliches Hilfswerk Misereor

Misereor ist das weltweit größte kirchliche Entwicklungshilfswerk. Es wurde 1958 von den katholischen Bischöfen in Deutschland auf Vorschlag des damaligen Kölner Kardinals Josef Frings als Aktion gegen Hunger und Krankheit in der Welt gegründet.

Der Name bezieht sich auf das im Markus-Evangelium überlieferte Jesuswort "Misereor super turbam" (Ich erbarme mich des Volkes). Sitz des Hilfswerks ist Aachen.

Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor in einem Schaufenster / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor in einem Schaufenster / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
epd , KNA