Ökumenische Andacht zum NRW-Tag im Kölner Dom

"Frieden erhalten erfordert aktives Handeln"

Anlässlich des NRW-Tages in Köln haben zahlreiche Vertreter der Landesregierung und Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker an einem Ökumenischen Gottesdienst im Dom teilgenommen. Im Zentrum stand die gemeinsame Bitte um Frieden.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Im Kölner Dom gab es einen Ökumenischen Gottesdienst zum NRW-Tag  / © Henning Kaiser (dpa)
Im Kölner Dom gab es einen Ökumenischen Gottesdienst zum NRW-Tag / © Henning Kaiser ( dpa )

In ihrer Fürbitte spricht sich Oberbürgermeisterin Henriette Reker für die Stärkung und Verteidigung der Werte von Demokratie, Toleranz und Solidarität aus. Gleichzeitig betet sie dafür, dass die politischen Verantwortungsträger Hass, Hetze, Lüge und Gewalt deutlich entgegentreten. 

Staatskanzleichef Nathanael Liminski betet für den Frieden in der Ukraine, im Nahen Osten und in den vielen anderen Kriegs- und Krisenregionen. Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien bittet um Beistand für die Menschen, die in Nordrhein-Westfalen Schutz suchen vor dem Krieg, dass ihnen mit Verständnis und Hilfsbereitschaft begegnet wird. 

Und auch Imam Mahmood Ahmad Malhi von der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde Köln formuliert seine Fürbitte als Friedenshoffnung und dass sich die Kirchen und alle Religionsgemeinschaften dafür einsetzen.

Vertreter:innen aus Kirche und Politik im Gottesdienst zum NRW-Tag im Kölner Dom: Stadtdechant Msgr. Robert Kleine, NRW-Minister Nathanael Liminski, Landtagsvizepräsidentin Berîvan Aymaz, Oberbürgermeisterin Henriette Reker, NRW-Justizminister Benjamin Limbach, NRW-Ministerin Josefine Paul, stellvertretender Stadtsuperintendent Markus Zimmermann (v.l.n.r.) / © Beatrice Tomasetti (DR)
Vertreter:innen aus Kirche und Politik im Gottesdienst zum NRW-Tag im Kölner Dom: Stadtdechant Msgr. Robert Kleine, NRW-Minister Nathanael Liminski, Landtagsvizepräsidentin Berîvan Aymaz, Oberbürgermeisterin Henriette Reker, NRW-Justizminister Benjamin Limbach, NRW-Ministerin Josefine Paul, stellvertretender Stadtsuperintendent Markus Zimmermann (v.l.n.r.) / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Auf Einladung des Evangelischen Stadtkirchenverbandes und des Katholischen Stadtdekanates Köln haben sich an diesem Mittag viele Gläubige im Hochchor der Kathedrale zusammengefunden, um für ein friedliches Zusammenleben der unterschiedlichsten Menschen im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands zu beten, aber auch um für das vielerorts gelingende Miteinander sowie den Austausch unterschiedlichster Kulturen und Mentalitäten zu danken. 

Erstmals seit Corona findet dieses Fest, das an die Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen erinnert und in der Regel alle zwei Jahre veranstaltet wird, überhaupt wieder statt. Entsprechend soll an diesem Wochenende auf einer zwei Kilometer langen Festmeile gefeiert werden.  

Die Heiligen Drei Könige als Vorbild

Gleich zu Beginn macht Dom- und Stadtdechant Robert Kleine auf die Heiligen Drei Könige aufmerksam und skizziert ihren Vorbildcharakter für gemeinsames Unterwegs-Sein. Er stellt sie als Menschen hin, die schon vor 2000 Jahren manchen Irrweg und manche Sackgasse in Gemeinschaft gemeistert hätten, aber nicht den Mut verloren hätten, ihren Weg fortzusetzen. 

"Richte die Menschen immer wieder auf und mache sie fröhlich", ergänzt sein evangelischer Kollege Zimmermann, um dann in den Mittelpunkt seiner Ausführungen ein Wort des Heiligen Paulus zu stellen „Redet mit einer Stimme! Versucht jede Form von Spaltungen zu vermeiden. Seid eines Sinnes!“

Der stellvertretende Stadtsuperintendent von Köln, Pfarrer Markus Zimmermann, bei seiner Ansprache / © Beatrice Tomasetti (DR)
Der stellvertretende Stadtsuperintendent von Köln, Pfarrer Markus Zimmermann, bei seiner Ansprache / © Beatrice Tomasetti ( DR )

"Ein wunderbarer bunter Haufen von Menschen" sei Nordrhein-Westfalen, "ein ganz besonderes Bundesland", resümiert der stellvertretende Stadtsuperintendent von Köln launig. "Es ist ja eines der Länder mit dem Bindestrich, und das macht deutlich, dass hier Menschen leben, die aus ganz unterschiedlichen Traditionen kommen." 

In Anlehnung an ein Zitat von Johannes Rau, dem 2006 verstorbenen NRW-Ministerpräsidenten, lobt er, dass die Stärke dieses Landes in der einmaligen Kombination der Eigenschaften seiner Menschen liege: in der "Zuverlässigkeit des Rheinländers, der Leichtfüßigkeit des Westfalen und der Großzügigkeit des Lippers".

 Und inzwischen seien noch sehr viel mehr dazugekommen. "Was unser Land in den fast 75 Jahren seines Bestehens bis auf einige wenige Ereignisse immer ausgemacht hat, ist, dass hier Menschen in Toleranz zusammenleben“, stellt der evangelische Theologe fest. Schließlich gelte im Rheinland "Jeder Jeck ist anders".

 

Markus Zimmermann

"Wenn wir Menschen bei uns willkommen heißen und im gegenseitigen Respekt miteinander leben, dann bleibt dieses Nordrhein-Westfalen etwas ganz Besonderes."

 

Eines Sinnes zu sein bedeute trotzdem nicht, immer auch einer Meinung sein zu müssen. Wichtig sei allein die Haltung, gerade für Christinnen und Christen, "dass wir in Respekt leben, dass wir nach der Nächstenliebe handeln, dass wir Menschen nicht verurteilen, dass wir sie eben nicht mehr in Gruppen einteilen – Rheinländer, Westfalen, Lipper – sondern dass wir in der Liebe Gottes leben", so Zimmermann, "dass das unser Leben trägt, nicht nur hier in unserem Bundesland, sondern überall auf der Welt." 

In diesem Sinne wünsche er Nordrhein-Westfalen, dass die Menschen, die sich haupt- und ehrenamtlich engagierten, das tun, "weil sie den Drang haben und den Wunsch, dass wir eines Sinnes sind". 

Weiter betont er: "Wenn wir Menschen bei uns willkommen heißen und im gegenseitigen Respekt miteinander leben, dann bleibt dieses Nordrhein-Westfalen etwas ganz Besonderes." 

 

Msgr. Robert Kleine

"Einerseits ist die Aufklärung über den Zustand der Welt und die Not der Menschen, über Terror, Krieg, Hunger und Krankheit umfassender als je zuvor, andererseits ist die Möglichkeit des Einzelnen, etwas zu unternehmen, scheinbar verschwindend gering."


 

"Frieden erhalten – und noch mehr Frieden schaffen – erfordert aktives Handeln, Zupacken und Tun", auch wenn passives Zusehen eher eine moderne Lebensweise zu werden scheine und der eigene Einsatz nicht verlangt sei. Das ist der Impuls, den Monsignore Kleine seinen Zuhörern bei dieser Andacht, die sonst jeden Mittag als Friedensgebet im Kölner Dom stattfindet, mitgeben will. 

Gottesdienst zum NRW-Tag im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti (DR)
Gottesdienst zum NRW-Tag im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti ( DR )

"Einerseits ist die Aufklärung über den Zustand der Welt und die Not der Menschen, über Terror, Krieg, Hunger und Krankheit umfassender als je zuvor, andererseits ist die Möglichkeit des Einzelnen, etwas zu unternehmen, scheinbar verschwindend gering."

Jeder kann an seinem Platz Verantwortung übernehmen

"Das Massaker der Hamas, die Bomben auf Israel und Gaza, die ertrinkenden Flüchtlinge im Mittelmeer, das Grauen eines im dritten Jahr stehenden russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, wachsender Antisemitismus, auch in unserem Land, hohe Umfragewerte für eine in weiten Teilen rechtsextremistische Partei vor anstehenden Landtagswahlen… Abstand halten, das alles gar nicht an sich heranzulassen, scheint da zu helfen.“ 

Durch Passivität aber werde die Welt nicht besser, mahnt der Domseelsorger eindringlich. Vielmehr widerspreche es dem Menschsein, "wenn wir uns nicht am gemeinsamen Leben beteiligen, damit es den Menschen besser geht. Es widerspricht dem, was Menschsein bedeutet, wenn wir eben nicht aufstehen, wo die Menschenwürde mit den Füßen getreten werden, wo Krieg, Terror, Gewalt und Hetze die Oberhand haben." Ein Mensch werde erst er selbst, wenn er Verantwortung und Mitsorge für seinen Mitmenschen auf sich nehme. Und jeder könne an seinem Platz Verantwortung übernehmen, so der Appell Kleines.

Schon vor 2000 Jahren habe Jesus Gleichgültigkeit, Unterdrückung, Ausnutzung, die Lust zur Verurteilung, die Eigenliebe mit all ihren Schattierungen und den Mangel an Mitgefühl kritisiert. Stattdessen habe er gewollt, dass die Leute an das Recht auf Barmherzigkeit glaubten, dass niemand außerhalb der Reichweite der Liebe Gottes und auch nicht außerhalb der Liebe von Menschen stehe.  

Auch in Köln sowie sicherlich in vielen NRW-Kommunen, Städten und Dörfern existierten Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Es gebe Wahrheitsverdreher, politische Scharlatane, Islamisten und Propagandisten, stellt Kleine fest. "Gegen all diese Gefahren und Gefährder unserer Demokratie und unserer demokratischen Grundordnung müssen wir gemeinsam und als Einzelne aufstehen und die Wahrheit sagen", fordert er abschließend. 

"Deshalb ist es so wichtig – gerade im 75. Jahr unseres Grundgesetzes – für unsere demokratischen Werte gemeinsam als Stadtgesellschaft und in unserem Land, aus allen Kulturen und Religionen einzutreten für unsere demokratischen Werte und diese glaubwürdig in Wort und Tat zu vermitteln."

Pfarrerin Scharper verliest Kölner Friedensverpflichtung

Dorothee Scharper, evangelische Pfarrerin, zitiert die erstmals 2006 unterzeichnete Kölner Friedensverpflichtung / © Beatrice Tomasetti (DR)
Dorothee Scharper, evangelische Pfarrerin, zitiert die erstmals 2006 unterzeichnete Kölner Friedensverpflichtung / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Und auch das ist Teil dieser gemeinsamen Andacht: Pfarrerin Dorothee Scharper zitiert am Ende des Gottesdienstes aus der Kölner Friedensverpflichtung, die 2006 im Historischen Rathaus die Synagogen-Gemeinde Köln, das katholische Stadtdekanat, der Katholikenausschuss in der Stadt Köln, der Evangelische Kirchenverband Stadt und Region, die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, die Türkisch Islamische Union Köln/DITIB und der damalige Oberbürgermeister Fritz Schramma unterzeichnet haben.

In dieser Erklärung erteilen die Angehörigen der unterschiedlichen Glaubens- und Religionsgemeinschaften jedweder Form von "Gewalt und Terror um Gottes Willen" eine klare Absage. Wörtlich heißt es unter anderem: "Unsere Religionen zielen auf ein friedliches und konstruktives Zusammenleben aller Menschen gleich welcher Religionszugehörigkeit. 

Für uns gilt unverrückbar: Die Würde eines jeden Menschen ist unantastbar: die Würde eines jeden Kindes, jeder Frau und jedes Mannes. (…) Mit unserer ganzen Kraft wollen wir dazu beitragen, dass Hass und Gewalt überwunden werden und Menschen in unserer Stadt Köln und überall auf der Welt in Frieden, Sicherheit, Gerechtigkeit und Freiheit leben können."

Quelle:
DR