Experte fordert Prävention gegen Hass von Islam-Gemeinden

In der Schule zum Thema machen

Nach dem Anschlag von Solingen unterstreicht der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide die Rolle von muslimischen Gemeinden, Terror vorzubeugen. Sie seien gefordert, "sich nicht nur von Terror im Namen des Islams zu distanzieren".

Autor/in:
Holger Spierig
Nach der Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest / © Thomas Banneyer (dpa)
Nach der Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest / © Thomas Banneyer ( dpa )

Sie müssten zugleich für Alternativdeutungen des Islams sorgen, sagte der Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Universität Münster Mouhanad Khochide dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Sowohl Moscheegemeinden als auch vom Staat geförderte Projekte müssen dringend in die Pflicht genommen werden, Alternativangebote in den sozialen Medien mit dem Bild eines weltoffenen Islams zu verbreiten."

Der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide nahm 2018 beim 101. Katholikentag in Muenster an einem Podium zum Thema Jesus im Koran - Was der Koran Christen ueber Jesus zu sagen hat teil / ©  Friedrich Stark (epd)
Der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide nahm 2018 beim 101. Katholikentag in Muenster an einem Podium zum Thema Jesus im Koran - Was der Koran Christen ueber Jesus zu sagen hat teil / © Friedrich Stark ( epd )

Auch ist es laut Khorchide wichtig, Muslimen klarzumachen, dass es ihnen hierzulande gut geht: "Dass Muslime hier die Religionsfreiheit haben und geschützt werden wie in den meisten islamischen Ländern nicht."

Muslime könnten hier Moscheen bauen und Predigten halten. In Deutschland hätten Muslime die Freiheit, islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen zu besuchen und islamische Theologie an den Universitäten zu studieren.

Radikalisierung und Islam zum Unterrichtsinhalt machen

Das Thema Radikalisierung und Islam müsse bereits an den Schulen viel stärker Thema sein, forderte der Islamwissenschaftler mit Blick auf das meist jugendliche Alter der Attentäter.

Radikalisierung und der Umgang mit Gewaltpositionen innerhalb der heiligen Schriften des Islams müssten zum festen Bestandteil der Lehrpläne des islamischen Religionsunterrichts werden. Das sollte nicht nur beim islamischen Religionsunterricht verankert werden, mahnte der Professor für Islamische Religionspädagogik.

Mit Blick auf die Debatte über eine Verschärfung der Migrationspolitik sagte Khorchide: "Es müssen klare Kriterien erstellt und eingehalten werden, wer ins Land darf und wer nicht." Im Asylbereich müssten zudem "viel mehr Menschen mit einem vernünftigen Bild von Islam" eingesetzt werden, um ihre Landsleute aus Syrien oder aus Afghanistan aufzuklären. Diese Leute könnten auch viel schneller erfassen, wer mit einem extremistischen Gedankengut komme und wer gefährlich sein könnte.

Der 26-jährige mutmaßliche Täter von Solingen sei aus einer syrischen Stadt gekommen, die eine Hochburg des IS gewesen sei, sagte Khorchide. "Das heißt, man hätte hier alarmiert sein können, wenn man genau recherchiert hätte oder wenn es eine Kommunikation mit der syrischen Community gegeben hätte." Der Wissenschaftler mahnte zugleich, dass nach Anschlägen nicht alle Muslime unter Generalverdacht gestellt werden dürften.

Demonstrationen nach Anschlag in Solingen

Nach dem Anschlag in Solingen haben verschiedene Gruppierungen in der Innenstadt demonstriert. Insgesamt habe es drei verschiedene Versammlungen rund um die Innenstadt und den Tatort gegeben, sagte ein Sprecher der Polizei. Nachdem zunächst alles friedlich verlaufen sei, hätten einige Teilnehmer einer Demonstration von linken Gruppierungen eine Polizeikette durchbrochen. Die Beamten seien dadurch genötigt gewesen, sich mit Schlagstöcken zu wehren.

Polizisten und Demonstranten nach der Attacke in Solingen / © Gianni Gattus (dpa)
Polizisten und Demonstranten nach der Attacke in Solingen / © Gianni Gattus ( dpa )
Quelle:
epd