Katholisches Büro Berlin-Brandenburg ordnet Landtagswahl ein

Blick in die Glaskugel

Brandenburg hat gewählt. Nach vorläufigem Ergebnis ist die SPD mit fast 31 Prozent stärkste Kraft, dahinter folgt die AfD, auf Platz drei liegt das Bündnis Sarah Wagenknecht. Was bedeutet das für die Zusammenarbeit mit der Kirche?

Autor/in:
Tobias Fricke

DOMRADIO.DE: Wie war Ihre erste Reaktion nach der Wahl in Brandenburg gestern Abend?

Gregor Engelbreth (Katholisches Büro Berlin-Brandenburg)

Gregor Engelbreth (Leiter des Katholischen Büros Berlin-Brandenburg): Die Konsequenz ist, dass die CDU und die SPD gemeinsam keine Mehrheit im Landtag haben. Das ist im Laufe des Abends allen Beteiligten klar geworden. Die Begeisterung bei der SPD war groß, weil man einen Rückstand von fast 10 Prozent auf die AfD aufgeholt hat. Noch vor wenigen Wochen stand die SPD in den Umfragen bei rund 20 Prozent.

Da hat Ministerpräsident Dietmar Woidke alles auf eine Karte gesetzt, als er erklärt hat, dass er nur bei einem besseren Ergebnis als die AfD wieder als Ministerpräsident zur Verfügung stehen würde. Dieses Kalkül ist aufgegangen, aber um den Preis, dass die Regierungsbildung nun sehr schwer werden wird. 

DOMRADIO.DE: Was waren Ihre Gedanken?

Engelbreth: Als erstes kam die Erleichterung darüber, dass die AfD trotz der Vorhersagen nicht stärkste Partei geworden ist. Danach kam dann schon relativ schnell die Enttäuschung darüber, dass der Abstand trotz des großen Einsatzes des Ministerpräsidenten relativ gering ist. Und die dritte Erkenntnis kam dann im Laufe des Abends, dass die Regierungsbildung wohl sehr schwer werden wird. 

DOMRADIO.DE: Die AfD bekam knapp 30 Prozent der Stimmen. Wie erklären Sie sich den breiten Zuspruch für diese gesichert rechtsextreme Partei?

Gregor Engelbreth

"Das ländlich geprägte Brandenburg hat in vielen Bereichen, die die Migration betreffen, überhaupt keine Sorgen."

Engelbreth: Die Migrationsthematik ist von der AfD, wie schon bei vergangenen Wahlkämpfen, in den Mittelpunkt gestellt worden, obwohl viele Migrationsthemen keine Landesthemen sind, sondern auf Bundesebene geklärt werden müssen. Objektiv ist das für mich in vielen Punkten nicht erklärbar. Das ländlich geprägte Brandenburg hat in vielen Bereichen, die die Migration betreffen, überhaupt keine Sorgen. 

Wenn man tiefer bohrt, kommt man zu der Erkenntnis, dass die Sorge vor Veränderungen der AfD in die Karten spielt, siehe Heizungsgesetz oder das Verbrennerverbot. Das sind Themen, die es der AfD in Brandenburg leicht machen. 

DOMRADIO.DE: Inwiefern haben Sie mit dem Katholischen Büro bislang mit der rot-schwarz-grünen Regierung zusammengearbeitet? 

Engelbreth: Es gab eine gute und vertrauensvolle, aber sicherlich nicht in allen Bereichen übereinstimmende Zusammenarbeit mit der Regierung. Bei den klassischen kritischen Fragen wie Bildung hatten wir durchaus unterschiedliche Auffassungen. Aber wir haben immer konstruktiv und im guten Einvernehmen reden können. Von daher war die Zusammenarbeit mit der bisherigen Regierung wirklich gut. 

DOMRADIO.DE: Ein schwarz-rotes Bündnis wäre eine Minderheitsregierung und hätte keine absolute Mehrheit. Welche Hürden würde eine Minderheitsregierung mit sich bringen? Auch vielleicht für Sie? 

Gregor Engelbreth

"Das wird die Zusammenarbeit in Zukunft unübersichtlicher machen."

Engelbreth: Das ist noch schlecht abzusehen, weil nicht klar ist, was passieren soll. Zunächst mal muss der Ministerpräsident gewählt werden, und das wird wohl nur in einer Abstimmung mit dem Bündnis Sara Wagenknecht (Anm. d. Redaktion: BSW) funktionieren. Es müsste eine Art Duldung der Minderheitsregierung geben. Das wird die Zusammenarbeit in Zukunft unübersichtlicher machen. 

Sahra Wagenknecht, Parteivorsitzende des BSW / © Michael Reichel (dpa)
Sahra Wagenknecht, Parteivorsitzende des BSW / © Michael Reichel ( dpa )

Wenn uns die Regierungsparteien ohne das BSW keine Zusagen machen können, wird es auch bei den kirchlichen Themen komplizierte und möglicherweise auch aufreibende Diskussionsprozesse geben.

DOMRADIO.DE: Wie schauen Sie als Kirchenvertreter auf das Bündnis Sahra Wagenknecht? 

Engelbreth: Das ist der Blick in die Glaskugel. Das BSW hat ein sehr knappes Wahlprogramm aufgestellt. Man hat den Eindruck, dass man sich das, was tatsächlich geplant ist, nicht nur aus dem Wahlprogramm oder aus irgendwelchen Wahlunterlagen zusammensuchen muss, sondern auch aus Wahlkampfaussagen von Sahra Wagenknecht in Podiumsdiskussionen.

Es ist schwierig, verlässliche Aussagen zu treffen. Dazu kommt, dass die meisten Kandidaten des BSW ganz neu sind. Naturgemäß ist das bei einer Partei so, die erst vor wenigen Monaten gegründet worden ist. Viele kann man nicht einschätzen, für was sie genau stehen und was für eine Landespolitik sie anstreben werden.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR