Ordensschwester formuliert ihre Erwartungen an Weltsynode

Heikle Themen doch auf dem Tisch?

Ab Mittwoch dieser Woche tagt in Rom die Weltsynode. Mit dabei ist Schwester Anna Mirijam Kaschner. Vor der Abreise nach Rom spricht sie darüber, wie Gespräche über geografische und ideologische Gräben hinweg funktionieren können.

Autor/in:
Mathias Peter
Beratungen bei der Weltsynode (Archiv) / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Beratungen bei der Weltsynode (Archiv) / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie waren vergangenes Jahr schon Delegierte bei der Synode, auch mit Stimmrecht, was bei früheren Synoden ja nur für Bischöfe möglich war. Mit welchem Gefühl reisen Sie denn jetzt nach Rom? 

Schwester Anna Mirijam Kaschner (Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz und Teilnehmerin der Weltsynode): Ich freue mich riesig, jetzt die Leute wieder zu treffen. Es ist in dem ersten Teil der Welt Synode tatsächlich passiert, wozu uns Pater Timothy Radcliffe (Priester und Dominikaner, Anm. d. Red.) aufforderte. Er sagte, wir sollen die Synode als Gelegenheit zum Schließen von Freundschaften nutzen. Und da sind Freundschaften über Kontinente und über Länder hinweg entstanden. 

 Sr. Anna Mirijam Kaschner / © Julia Rathcke (KNA)
Sr. Anna Mirijam Kaschner / © Julia Rathcke ( KNA )

Ich freue mich einfach riesig, dass ich diese Leute jetzt wieder treffe. Das ist das eine. Das andere ist, dass ich mir mit etwas Grummeln im Bauch vorstellen kann, dass dieser Teil der Synode noch mal etwas anstrengender wird als der erste Teil. Es wird noch mal einige Gruppenarbeiten zusätzlich geben. 

Von daher wird die Freizeit noch mal etwas beschränkter werden, fürchte ich. Und es wird in diesem Teil auch noch mal etwas mehr in die Diskussion gegangen und damit auch noch mehr in die Tiefe der Thematik eingestiegen. 

DOMRADIO.DE: Ein großes Thema ist der Begriff Synodalität. Das ist in den letzten Jahren fast zu so einer Art Modewort in der Kirche geworden. Verschiedene Länder, aber auch Deutschland, haben eigene synodale Prozesse gestartet. Wie erleben Sie denn Synodalität bei der Weltsynode? Klappt das schon mit dem Aufeinanderhören oder sind das bislang nur hehre Worte? 

Kaschner: Das mit dem Aufeinanderhören hat meines Erachtens in der Weltsynode sehr gut funktioniert. Es haben ja auch alle Teilnehmer den Wunsch geäußert, das im zweiten Teil wieder genau so mit der Methode des Gesprächs im Geist zu machen. Ich würde mir allerdings auch noch mal eine Vertiefung dieses Begriffs wünschen. 

Schwester Anna Mirijam Kaschner

 "Wir müssen theologisch noch mal etwas in die Tiefe."

Das ist jetzt im "Instrumentum Laboris" (Arbeitsdokument für die Weltsynode, Anm. d. Red.) schon etwas geschehen. Aber ich glaube, wir müssen theologisch noch mal etwas mehr in die Tiefe. 

Noch mehr liegt mir am Herzen, dass wir irgendwie versuchen müssen, das Ganze pastoral noch mal zu erarbeiten und zu sehen, wie wir das Ganze denn letztlich runter in unsere Gemeinden bringen können. Da müssen wir noch dran.

Synodenaula während der Weltsynode im Jahr 2023 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Synodenaula während der Weltsynode im Jahr 2023 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Bei einer Weltsynode treffen ganz unterschiedliche Menschen zusammen, nicht nur aus unterschiedlichen Kontinenten, sondern auch aus sehr unterschiedlichen kirchenpolitischen Einstellungen und Prägungen. Wie haben Sie denn vor einem Jahr das Miteinander, diesen Austausch zwischen sogenannten konservativen und liberalen Stimmen erlebt? 

Kaschner: Vor einem Jahr war schon bei allen so ein bisschen ein Unsicherheitsgefühl vorhanden. Wie wird das werden? Ich kann mich erinnern, dass mir ein Kardinal sagte, bisher habe er immer genau gewusst, was auf Bischofssynoden auf ihn zukommt. Früher habe man einen Text in der Bischofskonferenz vorbereitet und den ein wenig diskutiert. 

Schwester Anna Mirijam Kaschner

"Vor einem Jahr war schon bei allen so ein bisschen ein Unsicherheitsgefühl vorhanden."

Nun komme er zu einer Synode, wo er überhaupt nicht wisse, was auf ihn wartet. Er hat wortwörtlich gesagt, dass er vor dieser Synode ein wenig Angst hat. Und ich glaube, so ist es uns am Anfang der Synode allen gegangen. 

Aber wir haben durch diese Methode des Gespräches im Geist miteinander gelernt, den anderen nicht sofort in Schubladen zu stecken, dass ich beispielsweise nicht sofort, wenn ich den Namen James Martin höre, von ihm denke, dass er nur über LGBTQ-Themen spricht, denn das hat er nicht. 

Vielmehr ist es uns im gemeinsamen Aufeinanderhören gelungen, hinter diese Vorurteile zu kommen, nachzuschauen, nachzuhören und zu erfahren, warum dieser Mensch diese Ansichten hat und ihn nicht sofort aufgrund seiner Meinung abzuurteilen.

DOMRADIO.DE: Viele Konfliktthemen wurden nun in Arbeitsgruppen ausgegliedert und werden nicht im Oktober besprochen. Oder es gibt keinen Synodenbeschluss dazu. Was kann denn dann an konkreten Entscheidungen rauskommen? Worauf hoffen Sie denn bei der Weltsynode ganz konkret? 

Kaschner: Es gibt schon mal ganz gute Ansätze, etwa im "Instrumentum Laboris" oder die Vorschläge, die Forderungen, die so aus der Weltkirche, aus den Ortskirchen gekommen sind. Da geht es einmal darum, dass man diese Versammlungen weiterhin durchführt, wie wir das ja in Prag und in Linz beispielsweise auf den Kontinentalversammlungen erlebt haben. 

Die ganze Frage nach Rechenschaft und Transparenz etwa stellt sich auch. Das ist ein ganz wichtiges Thema in Bezug auf die Missbrauchsfälle. Und die Frauenfrage, die als Thema jetzt ausgegliedert ist, wird weiter Thema sein. 

Schwester Anna Mirijam Kaschner

"Die Frauenfrage, die als Thema jetzt ausgegliedert ist, wird weiter Thema sein."

Ich denke auch, dass die Arbeitsgruppen in der Synode einen Rechenschaftsbericht über ihre Arbeit geben werden. Und damit ist das Thema in der Synode. 

Dieser Eindruck, dass da jetzt heikle Themen einfach rausgenommen worden sind, um bloß keine Konflikte entstehen zu lassen, stimmt so nicht. 

Es steht auch der Vorschlag im Raum, dass man den Bischofskonferenzen lehrmäßige Autorität zugestehen möge. Ich glaube, das wird ein großer Diskussionspunkt sein. Den halte ich persönlich auch für etwas schwierig. Aber da wird sicherlich die Synode noch mal intensiv drüber diskutieren. Von daher ist die gesamte Bandbreite der Themen mit Frauenthema, Priesterthema und bischöflichem Amtsverständnis weiterhin Teil der Synode.

Das Interview führte Mathias Peter.

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR