Was bedeutet der Rechtsruck in Österreich für die Kirche?

"Bischöfe halten sich mit Forderungen noch zurück"

Bei der Wahl in Österreich hat die rechtspopulistische Freiheitliche Partei deutlich gewonnen. Was bedeutet der Rechtsruck für Österreich und Europa? Und wie reagieren die Kirchen? Der Journalist Klaus Prömpers mit einer Einschätzung.

DOMRADIO.DE: War das jetzt ein politisches Erdbeben oder eine Protestwahl? 

Klaus Prömpers / © Tobias Fricke (DR)
Klaus Prömpers / © Tobias Fricke ( DR )

Klaus Prömpers (Journalist): Es war wohl ein Protest von etlichen, die abgestimmt haben. Es haben sich 74 Prozent aller Wahlberechtigten beteiligt. Aber es war auch eine Neigung von jenen 20 Prozent aller Österreicher zu sehen, die sich einen starken Anführer wünschen, wie Umfragen zeigen. 

Nach den Krisen in der letzten Zeit kommt das wohl so zusammen. Es ist zweifelsohne ein Rechtsruck in der Alpenrepublik, der je nach Regierung auch für Europa und die Union die Lage verändern wird.

Sollte die FPÖ mit der Volkspartei zusammengehen, dann hieße das eine achte oder neunte Regierung in der Europäischen Union, in der Rechtsextreme das Sagen haben. Aber noch scheint das unwahrscheinlich. 

Klaus Prömpers

"Es ist zweifelsohne ein Rechtsruck in der Alpenrepublik."

DOMRADIO.DE: Die FPÖ mit ihrem Chef Herbert Kickl sagte vor der Wahl, er wolle Volkskanzler werden, er wolle eine Festung Österreich nach dem Vorbild von Viktor Orban in Ungarn. Konkret heißt das, er wolle keine Asylbewerber ins Land lassen, die EU zurechtstutzen und keine Waffen für die Ukraine liefern. Das klingt alles ein bisschen nach der AfD in Deutschland, oder? 

Prömpers: Da ist eine große Ähnlichkeit vorhanden. Und so wundert es auch nicht, dass unter den ersten Gratulanten unter anderem Alice Weidel von der AfD in Deutschland, Viktor Orban aus Ungarn, Geert Wilders aus den Niederlanden und Marine Le Pen aus Frankreich waren.

Teilnehmer einer Demonstration gehen am 29.09.2024  wegen des Ergebnisses der Nationalratswahl durch die Wiener Innenstadt / © Roland Schlager/APA (dpa)
Teilnehmer einer Demonstration gehen am 29.09.2024 wegen des Ergebnisses der Nationalratswahl durch die Wiener Innenstadt / © Roland Schlager/APA ( dpa )

Andere Politiker von Rechtsaußen haben auf Twitter oder anderswo gratuliert und hoffen nun, dass sie in Zukunft einen weiteren Alliierten in den Regierungstreffen der Europäischen Union haben werden. Ob das so kommt, ist allerdings die Frage. 

DOMRADIO.DE: Dass ein Kanzler von der FPÖ gestellt wird, ist relativ unwahrscheinlich, oder? So hieß es die Tage immer. 

Prömpers: Die Österreichische Volkspartei hatte sich zumindest entsprechend geäußert. Sie wäre die einzige Partei, die infrage käme, weil sie ja schon in drei Bundesländern mit der FPÖ koaliert, nämlich in Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg. 

Karl Nehammer (ÖVP), Innenminister von Österreich / © Roland Schlager (shutterstock)
Karl Nehammer (ÖVP), Innenminister von Österreich / © Roland Schlager ( shutterstock )

Der Parteivorsitzende und Bundeskanzler Nehammer hat das gestern Abend auch noch mal in seinen ersten Stellungnahmen unterstrichen. 

Klaus Prömpers

"Nun müssen sich die anderen Parteien überlegen, wie sie zusammenfinden."

Er hat gesagt, dass eine Koalition mit Herbert Kickl nicht infrage komme. Das gelte vor der Wahl und auch nach der Wahl. Die Frage ist dann für die FPÖ, ob sie Herbert Kickl austauschen wird. Das sieht aber bei einem solch glänzenden Wahlsieg eher nicht danach aus. Nun müssen sich die anderen Parteien überlegen, wie sie zusammenfinden. 

Das hieße dann, es es möglicherweise eine große Koalition gibt, die nicht mehr ganz so groß ist. Ebenfalls Teil einer solchen Koalition wären die liberalen NEOS, die mit fast neun Prozent ganz gut abgeschnitten haben. Das gäbe dann eine erneute Dreierkoalition, ähnlich wie in Deutschland, vor der viele Österreicher allerdings auch Angst haben. 

Der Stephansdom in Wien / © Heracles Kritikos (shutterstock)
Der Stephansdom in Wien / © Heracles Kritikos ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Was bedeutet dieses Ergebnis für die Kirchen? Wie nehmen die das auf? 

Prömpers: Die warten jetzt erst mal ab, dass eine Regierung gebildet wird. Beobachter sagen, es wird bis zu drei Monate dauern, bis sich die Parteien durchgerüttelt haben und ein Vorgehen überlegt haben. Mit konkreten Forderungen halten sich die Bischöfe und andere noch zurück. Allerdings gab es im Vorfeld sehr unterschiedliche Reaktionen. 

Klaus Prömpers

"Mit konkreten Forderungen halten sich die Bischöfe und andere noch zurück."

Anders als in Deutschland gab es kein Verdikt der Bischöfe, die FPÖ nicht zu wählen. Da verweisen die Bischöfe darauf, so hört man im Hintergrund, dass es keine rechtsgültige Äußerung wie in Deutschland gibt, wo es zwei Verfassungsschutzberichte zu Thüringen und Sachsen gibt, wonach die AfD eine eindeutig rechtsextreme Partei ist.

Es gibt allerdings Kritik aus der katholischen Arbeitnehmerbewegung und aus der Katholischen Aktion, die beide gesagt haben, man solle insbesondere wegen der Ausländerpolitik und anderer Bestandteile ihrer Propaganda nicht die FPÖ wählen.

Es gibt etwa Kritik an den Wahlslogans der FPÖ. Einer hieß "Euer Wille geschehe", also geklaut vom Vaterunser. Und es gibt Kritik an der Klimapolitik oder der fehlenden Klimapolitik der FPÖ. Der Wiener Weihbischof Stephan Turnovszky, der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler und andere sagen, die Klimapolitik müsse stärker in den Vordergrund gerückt werden, sonst würde man für die Zukunft nicht das Nötige tun. 

Das Interview führte Tobias Fricke.

Katholische Kirche in Österreich

Mit knapp fünf Millionen Mitgliedern ist die Katholische Kirche die größte gesetzlich anerkannte Glaubensgemeinschaft in Österreich. Das seelsorgerische Netz umfasst mehr als 3.000 Pfarren und rund 8.000 Kirchen und Kapellen.
 

Die Flagge Österreichs / © Black Pearl Footage (shutterstock)
Die Flagge Österreichs / © Black Pearl Footage ( shutterstock )
Quelle:
KNA