Dominikaner Timothy Radcliffe wird Kardinal

Vordenker der Weltsynode

Unter den neuen Kardinälen ist er einer der Bekanntesten. Und das, obwohl er kein Bischof ist. Der Dominikaner Timothy Radcliffe hat bei der Weltsynode wichtige Impulse gegeben. Auch bei einer Papstwahl könnte er das tun.

Priester und Dominikaner Timothy Radcliffe hält eine Ansprache während der Weltsynode am 9. Oktober 2023 im Vatikan. / © Lola Gomez/CNS photo (KNA)
Priester und Dominikaner Timothy Radcliffe hält eine Ansprache während der Weltsynode am 9. Oktober 2023 im Vatikan. / © Lola Gomez/CNS photo ( KNA )

Der Dominikanerpater Timothy Radcliffe (79) ist nicht nur wegen seiner Körpergröße eine Ausnahmeerscheinung unter den Beratern des Papstes. 

Der gebürtige Londoner hat in Paris und Oxford studiert und ist einer der welterfahrensten Geistlichen in der katholischen Kirche. Er war einst aktiv in der britischen Friedensbewegung und einer der ersten Priester, der sich der Seelsorge unter überwiegend homosexuellen Männern widmete, die an Aids erkrankt waren.

In seinem Orden war er von 1992 bis 2001 Generalmeister und bereiste in dieser Eigenschaft alle Kontinente. Kaum jemand kannte den wirklichen Zustand der katholischen Kirche zur Jahrtausendwende besser als er. Seine Eindrücke und Ideen hielt er in zahllosen Vorträgen und einigen Büchern fest; Radcliffe ist ein glänzender, allseits gesuchter Redner und Prediger. Eine Krebserkrankung ließ ihn für einige Zeit verstummen, aber seit seiner Genesung ist er gefragt wie eh und je.

Plädoyer für eine offene Kirche

Als Papst Franziskus ihn zum geistlichen Impulsgeber für die Besinnungstage bei beiden Etappen der Weltsynode ernannte, gab es unter Konservativen sorgenvolle Reaktionen. Ihnen war klar: Wenn Radcliffe bei der Weltsynode mit seinen langen, nachdenklichen und mitunter auch suggestiven Einführungen den Ton setzt, dann ist die Richtung eigentlich schon klar.

Seine Vorträge vor den Synodenteilnehmern wurden im Nachhinein veröffentlicht. Sie sind ein Plädoyer für eine offene Debatte  - mit scharfsinnigen und oft originellen Bezügen sowohl auf die biblischen Grundlagen der Kirche als auch auf die Lebenswirklichkeit der Gegenwart.

An einer Papstwahl könnte Radcliffe noch bis zu seinem 80. Geburtstag am 22. August 2025 stimmberechtigt teilnehmen. Findet das nächste Konklave später statt, wäre er nur noch in den Diskussionsrunden der Kardinäle unmittelbar vor der Wahl dabei - das aber mit vollem Rederecht.

Kardinäle

Ein Kardinal ist der höchste katholische Würdenträger nach dem Papst. Das Wort "Kardinal" leitet sich vom lateinischen Wort "cardo" (Türangel) ab. Das Kardinalskollegium ist das wichtigste Beratergremium des Papstes. Zudem hat es die Aufgabe, für die Papstwahl zu sorgen. Dafür ist eine Richtgröße von 120 Papstwählern vorgesehen, die das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben dürfen; derzeit gehören dem Kollegium 128 wahlberechtigte und 110 nicht wahlberechtigte Kardinäle an. Der Papst bestimmt die Kardinäle frei.

Pileoli in rot, schwarz und violett liegen am 23. Januar 2018 in einem Paramentengeschäft in Köln auf einem Tisch / © Harald Oppitz (KNA)
Pileoli in rot, schwarz und violett liegen am 23. Januar 2018 in einem Paramentengeschäft in Köln auf einem Tisch / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA