Politiker und Geistliche verurteilen Antisemitismus in Gottesdienst

Ein Tag des Erinnerns

Zum Jahrestag des Hamas-Terrorangriffs auf Israel wurde auch in Berlin mit einem Gottesdienst der Opfer gedacht und eine Freilassung der Geiseln gefordert. Scharf verurteilten alle Redner jede Form von Antisemitismus.

Autor/in:
Karin Wollschläger
Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, spricht beim Interreligiösen Gottesdienst am 7. Oktober 2024 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin, anlässlich des Jahrestags des Hamas-Terrorangriffs in Israel. / © Christian Ditsch (KNA)
Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, spricht beim Interreligiösen Gottesdienst am 7. Oktober 2024 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin, anlässlich des Jahrestags des Hamas-Terrorangriffs in Israel. / © Christian Ditsch ( KNA )

Mit einem Gottesdienst in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ist am Montag der Opfer des Terrorangriffs der islamistischen Hamas auf Israel vor einem Jahr gedacht worden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte: "Wenn ich mich zurückerinnere an den 7. Oktober, dann bin ich heute so entsetzt und fassungslos wie damals."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht beim Interreligiösen Gottesdienst am 7. Oktober 2024 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin, anlässlich des Jahrestags des Hamas-Terrorangriffs in Israel. / © Christian Ditsch (KNA)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht beim Interreligiösen Gottesdienst am 7. Oktober 2024 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin, anlässlich des Jahrestags des Hamas-Terrorangriffs in Israel. / © Christian Ditsch ( KNA )

Weiter sagte er: "Ich wünsche mir ein Ende des Sterbens im Nahen Osten, aber ich warne gerade uns Deutsche vor einer leichtfertigen Verurteilung Israels." Die öffentliche Debatte werde lauter und drängender, "weniger darüber, ob Israel ein Recht zur Selbstverteidigung hat, sondern darüber, wo die Grenzen jeden Rechts auf Selbstverteidigung liegen". Deutschland stehe weiter an der Seite Israels. "Dennoch, wir spüren, dass im Krieg in Nahost diese Prinzipien, die uns leiten, auf eine schmerzhafte, auch widersprüchliche Realität stoßen."

Steinmeier: "Politische Perspektive für die Region"

Steinmeier leitete daraus den Auftrag ab, "dass die Wirklichkeit eine andere, eine bessere werden muss. Eine Wirklichkeit, in der Israelis und Palästinenser friedlich neben- und miteinander leben können. Das wird nicht allein mit militärischen Mitteln gelingen. Das verlangt eine politische Perspektive für die Region. Und dazu werden wir unseren Beitrag leisten müssen."

Auch sagte Steinmeier mit Blick auf Deutschland: "Ich verstehe den Schmerz vieler. Aber so aufgewühlt wir auch sein mögen, wir dürfen darüber nicht unseren Kompass verlieren. Vor lauter Zerrissenheit dürfen wir nicht hinnehmen, was nicht hinnehmbar ist: Wenn Wohnungen von Juden markiert und beschmiert werden; wenn Brandsätze auf Synagogen fliegen; wenn jüdische Studierende an ihren Universitäten bedroht werden; wenn auf Demonstrationen ein Naher Osten ohne Israel gefordert wird - dann ist das Antisemitismus, dann ist das Judenhass. Das dürfen und das werden wir niemals dulden!"

Ein Tag des Erinnerns

Der 7. Oktober werde "immer zu jenen Tagen gehören, bei denen wir uns erinnern, wo und wann uns die Nachrichten des Grauens erreichten", so der Bundespräsident. "Noch nie seit der Schoah sind an einem einzigen Tag so viele Jüdinnen und Juden ermordet worden."

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock begrüßt Alon Gat, der am 7. Oktober 2023 von Terroristen der Hamas entführt wurde, zum Interreligiösen Gottesdienst am 7. Oktober 2024 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin, anlässlich des Jahrestags des Hamas-Terrorangriffs in Israel. / © Christian Ditsch (KNA)
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock begrüßt Alon Gat, der am 7. Oktober 2023 von Terroristen der Hamas entführt wurde, zum Interreligiösen Gottesdienst am 7. Oktober 2024 in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin, anlässlich des Jahrestags des Hamas-Terrorangriffs in Israel. / © Christian Ditsch ( KNA )

Der Berliner Rabbiner Andreas Nachama sagte in seiner Predigt, dass der Wunsch "Frieden für Israel" nur dann funktioniere, wenn auch Frieden jenseits der Grenze herrsche. Er wünsche sich: "Dass Grenzen zwischen Israel und allen seinen Nachbarn so bedeutungslos werden wie zwischen Deutschland und Luxemburg heute. Dass Gaza wieder dafür bekannt wird, Brücke zwischen Asien und Afrika zu sein. Dass wie im Mittelalter Muslime, Christen und Juden bei- und miteinander leben."

Erzbischof Koch will nicht aufgeben

Der katholische Erzbischof Heiner Koch bat darum, trotz aller Rückschläge die Hoffnung auf Frieden nicht aufzugeben. Berlins evangelischer Bischof Christian Stäblein sagte: "Im Leid sind wir Menschen verbunden. In der Verantwortung bleiben wir unterschieden. Die Hamas verantwortet das Leid, das nicht enden will." Er rief zur Freilassung der Geiseln auf und mahnte, weiter engagiert Antisemitismus entgegenzutreten. Wer Juden antaste, "tastet uns alle an. Eine Kirche, eine Gesellschaft, die das missachtet, wird blind".

Nach dem Gottesdienst war ein "Stiller Gedenkweg" zum jüdischen Gemeindehaus geplant, an dem sich das Gedenken fortsetzen sollte.

Quelle:
KNA