Beifall für einen fast 2.000 Jahre jungen Gott: Der "Apollo von Belvedere", eine der berühmtesten Skulpturen der Antike, ist nach fast fünfjähriger Restaurierung wieder in die Vatikanischen Museen zurückgekehrt.
"Trotz ihrer klassischen und universellen Schönheit zeigt die Statue jetzt ein neues Erscheinungsbild", sagte Museums-Direktorin Barbara Jatta am Dienstag, als die Marmorskulptur im Oktogon-Hof der päpstlichen Sammlungen unter Applaus enthüllt wurde. Bei den "heiklen Arbeiten" hätten verschiedenste wissenschaftliche Disziplinen zusammengewirkt, um der Statue Gleichgewicht und originalgetreue Schönheit zurückzugeben, so Jatta.
Das Werk ist eine im 2. Jahrhundert n. Chr. in Rom geschaffene meisterhafte Kopie einer um 330 v. Chr. in Griechenland entstandenen Skulptur, die dem berühmten Athener Bildhauer Leochares zugeschrieben wird. Der "Apollo von Belvedere" wurde 1489 in Rom entdeckt und gelangte um 1509 auf Geheiß von Papst Julius II. in den Vatikan.
Finger und Unterarm fehlten
Schon damals fehlten dem Idealbild die Finger der rechten Hand und der linke Unterarm. Für Ersatz sorgte im 16. Jahrhundert Restaurator Giovanni Angelo Montorsoli. Zudem integrierte er die Spitze eines Baumstamms, auf dem der neue Arm zur Stabilisierung ruhte.
Im Dezember 2019 zeigten sich jedoch Risse und Löcher im Marmor an Fußgelenken und Knien: Sie konnten das Gewicht des nach vorne ausgestreckten linken Arms nicht mehr tragen, über den zudem ein langer marmorner Umhang geworfen ist.
So wurde im Zuge der jetzt vollendeten Arbeiten zur Stabilisierung eine im Marmorsockel verankerte Stütze aus Kohlefaser eingesetzt und mit einem ausgeklügelten Zugsystem versehen - stets unter Nutzung bereits vorhandener Löcher und Aussparungen. Insgesamt wurden fragile Teile wie Knie, Knöchel und Arm des Junggotts, der wohl in der Linken einen Bogen hatte, um etwa 150 Kilogramm entlastet.
Ein restauratorisches Wagnis
Zudem gingen die Restauratoren ein Wagnis ein, das ein ungewöhnlicher Fund in den 1950er Jahren ermöglichte: In den Ruinen des Kaiserpalastes von Baia nahe Neapel waren Hunderte Gipsfragmente aus einer Werkstatt entdeckt worden, die auch Abgüsse von der fehlenden Hand des Apollo gefertigt hatte. So entschloss man sich nun, die von Restaurator Montorsoli vor 500 Jahren eingesetzte linke Hand durch einen Gipsabguss der "Hand von Baia" zu ersetzen, erläuterte Claudia Valeri, Kuratorin der Abteilung für griechische und römische Altertümer der Vatikan-Museen: Die Geste sei nun natürlicher, die Hand proportionierter und leichter geworden.
Als nicht weniger komplex gestaltete sich die Reinigungsphase, die der marmornen Haut wieder neuen Glanz und der Lockenpracht frische Farbe verleiht. Den Arbeiten waren vielfältige kunsthistorische, archäologische und materialtechnische Studien vorausgegangen. Der Leiter des Labors für die Restaurierung von Steinmaterialien, Guy Devreux, sprach von dem Apollo wie von einem "Patienten", für den es Diagnose und Behandlungskonzept zu erstellen galt, unter Einsatz modernster Technologien und Materialien.
"Vier großzügige Gönner"
Finanziert wurde all das von der weltweiten Vereinigung von Sponsoren für die Restaurierung von Kunstwerken in den Vatikanischen Museen, die Terence Hogan koordiniert. "Das ist ein unglaubliches Projekt, denn die Restaurierung dauerte fast fünf Jahre, aber seine historische Bedeutung umfasst mehr als 2.000 Jahre", sagte der Priester des US-Erzbistums Miami der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Die vier großen Mäzene seien "mehr als großzügig" gewesen, so Hogan - ohne Namen oder Summen zu nennen. "Viele Experten waren viele Stunden beschäftigt, es gab viele wissenschaftlichen Studien, und umgesetzt wurde fast alles in Handarbeit", so der Geistliche.
Die Restaurierung hat laut Kuratorin Claudia Valeri auch eine literarische Komponente: "Der Apollo von Belvedere übersetzt die erhabene Gestalt des Apollon von Homer in eine Skulptur." Deshalb habe sich das Team ihm mit "Respekt und Staunen" genähert. "Dank des kontinuierlichen wissenschaftlichen Dialogs können wir jetzt wieder eines der Meisterwerke antiker Skulpturen bewundern."