Der Vatikan-Experte Marco Politi sieht in der Weltsynode eine "Gruppentherapie", die Papst Franziskus der Kirche verordnet habe. Die Synode solle wie ein großer Workshop funktionieren, in dem keiner den anderen bevormunden solle, sagte der italienische Journalist dem Fernsehsender ntv am Dienstag.
So erkläre sich auch, dass die Synode weniger transparent als vergangene sei und kritische Themen in Arbeitsgruppen ausgelagert wurden: "Er will die kritischen Punkte Homosexualität und Frauen in der Kirche ja nicht aussperren, möchte aber zuerst, dass sich die verschiedenen Teile der Kirche und des Katholizismus besser direkt kennenlernen und sich dadurch zukünftige Brüche verhindern lassen."
Politi: Strategie der Schildkröte
Dem Papst stehe die anglikanische Kirchengemeinschaft als schlechtes Beispiel vor Augen: "Sie ist total gespalten zwischen nördlichen und südlichen Kirchen. Die südlichen akzeptieren keine homosexuellen Priester und tun sich mit weiblichen Bischöfen schwer", so Politi weiter. Ein solches Nebeneinander wolle der Papst in der katholischenKirche nicht. "Franziskus geht nach der Strategie der Schildkröte vor, die langsam, aber stetig weitergeht, mit kleinen Schritten, aber vorwärtskommt", erläutert Politi die Strategie des Papstes.
Eine Neuerung, mit der der Vatikan-Experte nach der Synode rechnet, ist eine stärkere Rechenschaftspflicht von Bischöfen, und zwar nicht mehr nur gegenüber dem Papst, sondern auch gegenüber anderen Bischöfen und den Gläubigen: "Das ist ein sehr interessanter Gedanke, der die Kirche durchlässiger, transparenter machen dürfte."