Evangelische Kirchenvertreter äußern nach der Präsidentenwahl in den USA tiefe Besorgnis: Donald Trumps Wiederwahl bedrohe die Grundwerte der USA und die globale Kooperation. Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sieht "wesentliche Grundpfeiler der Demokratie" in den Vereinigten Staaten in Gefahr. EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber zeigt sich beunruhigt über die Zukunft der internationalen Zusammenarbeit mit den USA.
Bedford-Strohm: "schwere Belastungsprobe"
Bedford-Strohm sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Es gibt derzeit keinen Grund, nicht zu glauben, dass er die vielen unmenschlichen Dinge, die er im Wahlkampf angekündigt hat, nicht auch umsetzen wird." Der mit einer US-Amerikanerin verheiratete frühere bayerische Landesbischof bezeichnete die bevorstehenden vier Präsidentschaftsjahre von Trump als "schwere Belastungsprobe".
Bedford-Strohm, der auch Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) mit Sitz in Genf ist, befürchtet konkret, dass Trump seine menschenverachtenden Pläne wie die Deportation von Millionen illegalen Migranten umsetzen will: "Auch wenn sie gegen alle internationalen Rechtskonventionen verstoßen."
Fragwürdige Verknüpfung nach Attentat auf Trump
Der Theologe reagierte auch auf die Rede Trumps nach der Wahl, in der dieser mit Blick auf das gescheiterte Attentat Mitte Juli gesagt hatte: "Viele Menschen sagten mir, dass Gott mein Leben aus einem bestimmten Grund verschont habe, und dieser Grund ist, unser Land zu retten." Diese Verknüpfung, sich als "Werkzeug Gottes" zu sehen, sei auch der Grund, warum viele Konservative über die moralisch-ethischen Defizite Trumps hinwegsähen, sagte Bedford-Strohm.
EKD-Auslandsbischöfin Bosse-Huber schrieb in einem Beitrag für das Internetportal "evangelisch.de": "Ich frage mich besorgt, wieviel verlässliches internationales Zusammenwirken in Zukunft überhaupt noch mit den USA möglich sein wird." Sie sei darüber schockiert, "dass Donald Trump und seine Leute mit ihrer antidemokratischen und demagogischen Strategie sich wieder den Weg zum Wahlsieg nicht nur für das Abgeordnetenhaus, sondern diesmal auch für den US-Senat bahnen konnten".
Europas Rolle nach der US-Wahl
Bosse-Huber: "Welche Auswirkungen dieser rücksichtslose und aggressive Politikstil für die ohnehin schon tief gespaltene amerikanische Gesellschaft in den nächsten Jahren haben wird, ist eine Frage, die nicht nur die amerikanischen Kirchen zutiefst umtreibt." Aber diese Wahl betreffe nicht nur die USA, "sondern wird auch uns global nachhaltig und vermutlich überaus schmerzhaft betreffen", fügte die Auslandsbischöfin hinzu.
Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung hob nach Trumps Wahlsieg die Bedeutung Europas hervor. "Europa ist gefragt, gemeinsam klar und unmissverständlich für eine an der Menschenwürde und den Menschenrechten orientierte Politik einzustehen", sagte der evangelische Theologe am Mittwoch in Darmstadt. Es bleibe zu hoffen, dass Trump im Amt die demokratischen Grundprinzipien aufrechterhalte und diese umgekehrt ihn in die Verantwortung nehmen für die in der Verfassung verankerten Menschenrechte, sagte Jung.