Amtsleiter hält neue Kita-Gesellschaft für beste Lösung im Erzbistum

"Engagement stärken"

Die Pfarrgemeinden des Erzbistums Köln betreiben 534 Kitas. Diese sollen künftig in eine neue Trägergesellschaft der Erzdiözese überführt werden. Der Amtsleiter des Erzbistums, Frank Hüppelshäuser, erklärt Sinn und Zweck der Pläne.

Autor/in:
Andreas Otto
Spielzeug in einem Kindergarten  / © PhotoMavenStock (shutterstock)
Spielzeug in einem Kindergarten / © PhotoMavenStock ( shutterstock )

KNA: Herr Hüppelshäuser, welche Ziele verfolgt das Erzbistum mit der Gründung einer Kita-Trägergesellschaft?

Frank Hüppelshäuser (Amtsleiter im Erzbistum Köln): Mit unseren 534 Kitas, mehr als 6.000 Erzieherinnen und Erziehern und mehr als 32.000 Kindern ist das Erzbistum Köln einer der größten Kita-Träger in Deutschland. Ziel unseres Vorhabens ist es, unseren Kitas und Mitarbeitenden eine sichere Zukunft zu geben. 

Frank Hüppelshäuser / © FotoStudio54 (privat)
Frank Hüppelshäuser / © FotoStudio54 ( privat )

Dafür gilt es, unsere Verwaltung so effizient wie möglich aufzustellen. Katholische Kindergärten sind und bleiben ein zentrales Standbein der Seelsorge vor Ort. Traditionell gehören sie den Pfarreien, deren Pfarrer, Kirchenvorstände und Verwaltungsleiter die Einrichtungen bislang mit bestem Wissen und Gewissen gemanagt haben. 

Für die Kitas in Deutschland haben sich inzwischen aber die Rahmenbedingungen sehr ungünstig verändert. Die Pfarrgemeinden vor Ort kommen mit der Verwaltung an Grenzen - hier müssen wir reagieren, um unsere Einrichtungen langfristig zu sichern.

KNA: Wo liegt denn das Problem?

Hüppelshäuser: Das "System Kita" steht bundesweit unter immensem Druck. Die Kindpauschalen sind unzureichend. Hinzu kommt der Mangel an Fachkräften und erhebliche Investitionsbedarfe in Immobilien. Eine große Trägergesellschaft hat andere Möglichkeiten, Personal zu gewinnen, Fördermittel auszuschöpfen und Prozesse zu organisieren. 

Zurzeit gibt das Erzbistum jedes Jahr rund 70 Millionen Euro für den Kita-Bereich aus. Ich gehe davon aus, dass wir in der Verwaltung einen großen zweistelligen Millionenbetrag durch die Nutzung von Größenvorteilen einsparen werden.

Frank Hüppelshäuser

"Wenn wir jetzt nichts ändern, werden wir auf Dauer unsere Kita-Struktur finanziell nicht halten können."

KNA: Inwiefern?

Hüppelshäuser: Die Finanzierung einer Kita ist sehr komplex geworden. Daher braucht es Experten, um alle verfügbaren Fördermittel in Anspruch zu nehmen. Wir lassen heute durch die dezentralen Strukturen Fördermittel in nicht unerheblichem Maße liegen. Mit der Professionalisierung durch die Trägergesellschaft generieren wir deutlich mehr Einnahmen. 

Wenn wir jetzt nichts ändern, werden wir auf Dauer unsere Kita-Struktur finanziell nicht halten können. Im Übrigen haben wir mit einer Kita-Trägergesellschaft eine größere Verhandlungsposition gegenüber dem Land. 

Ein konkretes Beispiel: Unter den freien Kita-Trägern in NRW zahlt die Kirche mit 10,3 Prozent den höchsten Eigenanteil, während andere nur 7,8 Prozent oder Elterninitiativen nur 3,4 Prozent aufwenden müssen. Eine Trägergesellschaft kann hier besser verhandeln als eine einzelne Kirchengemeinde. Aber die Finanzen sind nur ein Aspekt der neuen Trägergesellschaft.

KNA: Wo sehen Sie noch Vorteile?

Hüppelshäuser: Wir wollen das Engagement für Kinder und Jugendliche stärken und zu einem pastoralen Schwerpunkt machen sowie eine gemeinsame Kita-Marke entwickeln. Auch für die Mitarbeitenden ergeben sich deutliche Vorteile. Das gilt besonders für die Aus- und Weiterbildung. 

Hier können wir in einem großen Träger viel bessere Perspektiven bieten,  beispielsweise die Qualifikation für Leitungs- und Fachlaufbahnen oder die Kooperation mit unseren Berufskollegs und Hochschulen. Die Karriereentwicklung ist in diesem umkämpften Markt ein Riesenvorteil der Trägergesellschaft.

KNA: Und welche Rolle spielen dann noch die Gemeinden vor Ort?

Frank Hüppelshäuser

"Es geht uns darum, sie bei den zeitintensiven Verwaltungsthemen zu entlasten und Zeit für pädagogische Arbeit freizuräumen."

Hüppelshäuser: Die Kirchengemeinden werden ihre Kitas vor Ort weiterhin eng inhaltlich betreuen. Wo es heute ein gutes Zusammenspiel zwischen Seelsorgern und Kita-Leitungen gibt, wird das auch künftig so sein. 

Wir wollen die Gemeinden bei ihrem Seelsorge-Engagement stärken und nicht schwächen. Es geht uns darum, sie bei den zeitintensiven Verwaltungsthemen zu entlasten und Zeit für pädagogische Arbeit freizuräumen.

KNA: Wann wird die Gesellschaft gegründet?

Hüppelshäuser: Die Kindertagesstätten im Erzbistum Köln gGmbH haben wir bereits am 2. Oktober gegründet. Sie gehört zu 100 Prozent dem Erzbistum Köln. Daneben werden wir zeitnah eine zweite Gesellschaft gründen, die sich um sämtliche Verwaltungsprozesse wie Einkauf, IT oder Buchhaltung kümmert. 

Ein Kind und seine Mutter gehen zum Eingang einer Kita / © Annette Riedl (dpa)
Ein Kind und seine Mutter gehen zum Eingang einer Kita / © Annette Riedl ( dpa )

Bei dieser Service-Gesellschaft beabsichtigt das Erzbistum, mit der Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH zu kooperieren. Hier wird das Erzbistum aber die Mehrheit von 60 Prozent halten.

KNA: Und wann werden die Kitas zur neuen Trägergesellschaft wechseln?

Hüppelshäuser: Wir gehen schrittweise vor. Im neuen Jahr fangen wir in einem Pilotprojekt mit sechs Kitas an, um vor allem die Technik auszutesten. Mit dem neuen Kita-Jahr im August 2025 wollen wir dann weitere rund 30 Kindergärten in den neuen Träger übernehmen und ein Jahr lang die Abläufe komplett durchtesten. Danach sind zwei bis drei weitere Phasen der Übernahme geplant. Ich gehe von drei bis vier Jahren aus, bis wir den Prozess abgeschlossen haben.

KNA: Sind Pfarreien verpflichtet, ihre Kitas in die Trägergesellschaft zu überführen? Oder handelt es sich um ein Angebot?

Hüppelshäuser: Die Kitas befinden sich im Eigentum der Kirchengemeinden, denen wir die Trägergesellschaft zu ihrer Entlastung anbieten. Wenn eine Kirchengemeinde sich für einen eigenen Weg entscheidet, kann sie das natürlich tun. Aber es muss klar sein, dass es auf Dauer nur einen Weg geben wird, die Kitas zu unterstützen: Dies ist der gemeinsame Träger.

KNA: Wie sieht es denn vor Ort aus mit der Akzeptanz der Trägergesellschaft?

Hüppelshäuser: Wir sprechen sehr intensiv mit den Pfarrern, den Kita-Leitungen und den Verwaltungsleitungen. Diese sind aktiv in das Projekt einbezogen. Es besteht ein breiter Konsens, dass wir uns zukunftsfähig aufstellen müssen. Aktuell haben wir von den Kirchengemeinden viel mehr Bewerbungen für die Trägergesellschaft, als wir im kommenden Jahr aufnehmen können.

Frank Hüppelshäuser

"Es gibt genug Themen, die wir anpacken müssen, um wieder mehr Menschen für den Glauben zu begeistern."

KNA: Welche Folgen hat die Gründung der Trägergesellschaft für die Verwaltungsleitungen in den Kirchengemeinden, die bislang viel ihrer Arbeitszeit für die Verwaltung der Kitas aufwenden? Werden deren Stellenkontingente künftig reduziert oder gar ganz abgebaut?

Hüppelshäuser: Keinesfalls. Die Verwaltungsleitungen machen einen hervorragenden Job. Wir werden sie auch weiterhin alle brauchen. Nach unseren Analysen wendet eine Verwaltungsfachkraft derzeit im Durchschnitt 45 Prozent ihrer Arbeitszeit für die Kitas auf. Mit der neuen Struktur wird es Verwaltungsleitungen geben, die sich zu 100 Prozent mit Kitas befassen werden. 

Andere konzentrieren sich zum Beispiel auf das Thema Finanzen und Immobilien, welches durch die Zusammenlegung der derzeit rund 500 Pfarreien zu 67 Pastoralen Einheiten bis zum Jahr 2032 ein besonderes Gewicht bekommen hat. Es gibt genug Themen, die wir anpacken müssen, um wieder mehr Menschen für den Glauben zu begeistern.

Das Interview führte Andreas Otto (KNA).

Quelle:
KNA