Erzbistums Köln hält Strategiekongress zu Kirche im digitalen Raum

"Wie können wir miteinander in den Austausch kommen?"

Die digitale Gemeinschaft "Netzgemeinde dazwischen" bringt Kirche aufs Smartphone der Menschen. Gründer Felix Goldinger erklärt, wie digitale und klassische Gemeinde sich ergänzen und warum Kirche ein Veränderungsprozess bleiben muss.

Autor/in:
Dagmar Peters
Subsidiarität - wenn der Einzelne nicht weiter kommt / © ASDF_MEDIA (shutterstock)
Subsidiarität - wenn der Einzelne nicht weiter kommt / © ASDF_MEDIA ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Herr Goldinger, Sie beschäftigen sich schon länger damit, wie die Kirche von morgen aussehen wird. Sie sind Mitgründer der "Netzgemeinde dazwischen". Können Sie uns diese "Netzgemeinde dazwischen" einmal vorstellen? 

Felix Goldinger (Leiter der Stabsstelle Innovation und Transformation im Bistum Speyer): Das ist eine digitale Gemeinschaft, die sich im Alltag mit den Leuten über die Messengerdienste, WhatsApp und Co. vernetzt. Wir versuchen eine digitale Gemeinde zu gestalten.

DOMRADIO.DE: Das entstand durch die Corona-Zeit? 

Goldinger: Nein, die Netzgemeinde ist schon 2016 entstanden, weil es uns ein Anliegen war, der Kirche auch im digitalen Raum ein freundliches Gesicht zu geben und da zu sein, wo Menschen unterwegs sind.

Felix Goldinger

"Unser Anliegen ist es, den Alltag von Menschen miteinander zu vernetzen."

DOMRADIO.DE: Ich weiß, dass es sowas gibt, wie online beten, online Kerzen anzünden, online beichten. Wie kann ich mir die "Netzgemeinde dazwischen" genau vorstellen?

Goldinger: Unser Anliegen ist es, den Alltag von Menschen miteinander zu vernetzen. Deswegen war es uns auch wichtig, ein Medium zu nutzen, das viele Leute auf ihrem Smartphone haben. So kann man zwischen dem Gruppenchat mit Freunden oder der Familie; zwischen den Nachrichten, die man mit Menschen hin und her schickt; auch als Kirche auftauchen und in einem WhatsApp-Channel präsent sein und den Leuten im Sinne dieser Messenger-Kommunikation nahe kommen.

DOMRADIO.DE: Eine digitale Gemeinschaft zu haben, ist das eine. Das andere ist eine klassische Gemeinschaft vor Ort. Kann die digitale Gemeinschaft die klassische Gemeinschaft lediglich ergänzen oder kann sie auch für sich funktionieren?

Goldinger: Meine Wahrnehmung ist, dass die Menschen die Netzgemeinde als sowohl als auch nutzen. Für die einen ist es eine Ergänzung. Andere sagen, dass genau das die Form ist, die ihnen guttut. Da haben sie den Abstand, den sie brauchen; den Schutzraum zu Hause und gleichzeitig können sie mit den Menschen verbunden sein. Ich finde es gut, dass wir das als katholische Diözese mit der evangelischen Landeskirche zusammen anbieten. Wir gestalten eine fluide Form von Kirche.

Felix Goldinger

"Wie können wir miteinander in den Austausch kommen?"

DOMRADIO.DE: Beim Strategiekongress werden sowohl kirchliche als auch nicht-kirchliche Projekte vorgestellt. Es wird um mögliche zukunftsorientierte Handlungs- und Geschäftsmodelle von Kirche gehen. Was interessiert Sie besonders daran? 

Goldinger: Ich finde es gut, dass wir aus unserer Bubble herauskommen und mit anderen Akteuren im gesellschaftlichen Bereich zusammenkommen, um zu überlegen, wie wir kooperieren können. Wie sehen Verbindungslinien aus? Wie können wir ein gemeinsames Interesse an Social Entrepreneurship nach vorn bringen? Das ist es, was mich am meisten interessiert. Welche Menschen gibt es da? Welche Aktionen und Initiativen können wir kennenlernen? Wie können wir miteinander in den Austausch kommen?

DOMRADIO.DE: Es wird Slam Sessions, Stationen, Gottesdienste, Workshops und Diskussionen geben. Haben Sie sich schon ein besonderes Thema oder etwas Besonderes ausgeguckt, wo sie auf jeden Fall sein werden?

Goldinger: Am ersten Tag bin ich vor allem auf unseren Workshop fokussiert. Ich hoffe, dass wir zeigen können, wer wir sind und was uns wichtig ist. Am zweiten Tag werden wir schauen, welchen Raum Kirche braucht, damit sie sich weiterentwickeln kann und wie Kirche von morgen aussieht und gestaltet werden kann.

DOMRADIO.DE: Was möchten Sie den anderen Kongressteilnehmenden für das künftige Kirche-sein auf den Weg geben?

Goldinger: Ein Hauptanliegen ist es, dass wir uns weniger mit Regeln auseinandersetzen, die wir anderen auferlegen; dass wir unseren Fokus mehr darauf legen sollten, dass die Menschen wieder sagen: Das ist mein Ort, das ist meine Zeit. Und auch darauf, dass wir die Kirche als Veränderungsprozess verstehen können und sie fluide funktionieren muss. Das wäre ein Anliegen, das ich gerne platzieren möchte.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Netzgemeinde "da_zwischen"

"Die Netzgemeinde "da_zwischen" begleitet mit ihrer digitalen Glaubensverkündung Menschen in ihrem Alltag. Die digitale Gemeinde möchte einen Erprobungsraum für zeitgemäße Glaubenskommunikation per Messenger-Dienst bieten. Die Netzgemeinde macht eindrucksvoll vor, wie tradierte Konzepte und Rituale in den digitalen Raum übertragen werden können", so lautet der Text zur Nominierung in der Kategorie "Soziales Handeln" des Smart Hero Awards.

Digitales Glaubensleben / © SewCream (shutterstock)
Quelle:
DR