DOMRADIO.DE: Für 2025 erwartet Rom zum Heiligen Jahr rund 45 Millionen Pilgerinnen und Pilger aus aller Welt, ist denn die Stadt gut vorbereitet?
Pfr. Christian Böck (Direktor des deutschsprachigen Pilgerzentrums in Rom): In den letzten Monaten wurden hier große Anstrengungen unternommen, um die Infrastruktur der Stadt Rom zu verbessern. Man glaubt vielleicht nicht und es dauert lange, bis Straßenbauprojekte - zum Beispiel an der Piazza Pia vor dem Vatikan - angegangen werden.
Die Römer hatten damals versprochen, dass das Projekt fertig wird und tatsächlich wird dieser Tage die große Unterführung für eine Fußgängerbrücke wiedereröffnet. Die Italiener bekommen es hin, pünktlich fertig zu werden und es ist ein Vorurteil zu meinen, das dauere hier ewig. Wenn die Italiener sagen: "Wir machen das", dann machen die das.
Und zudem hat der Vatikan in den letzten Wochen sehr viele Informationen herausgegeben, wie die Pilgerströme zu bewältigen sind, wie man es fertigbringen will, so vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, die Heiligen Pforten zu durchschreiten.
DOMRADIO.DE: Am 24. Dezember wird Papst Franziskus feierlich die Heilige Pforte im Petersdom öffnen und damit offiziell das Heilige Jahr einläuten. Warum diese Pforte und was hat es damit auf sich?
Böck: Diese Pforte ist ein Symbol dafür, dass eine heilige neue Zeit eröffnet wird, in der man sozusagen von sich aus neu in die Gnade Gottes eintreten möchte. Dieses Symbol hat sich im Laufe der Zeit entwickelt, wie die Heiligen Jahre überhaupt, die seit dem 14. Jahrhundert gefeiert werden.
Im Jahr 1500 hat man es dies zum ersten Mal durch das Öffnen einer Heiligen Pforte symbolisch zum Ausdruck gebracht, die dann auch ganze Jahr geöffnet blieb als Zeichen dafür, dass Gottes Herz steht offen, das will sagen: "Du kannst kommen, du kannst hindurchgehen, du kannst neu in den Stand seiner Gnade gelangen."
DOMRADIO.DE: Das heilige Jahr und dessen Eröffnung ist von vielen Riten begleitet, es gab bereits die "Recognitio", bei der die Mauern hinter dem Portal rechts am Petersdom von Arbeitern der vatikanischen Dombauhütte, sogenannten "Sanpietrini" eingerissen wurden. Was ist der Hintergrund dieses Rituals?
Böck: Anfang Dezember wurde dazu die Mauer entfernt, die die Heilige Pforte von innen im Petersdom verschließt. Darin befand sich seit Ende des außerordentlichen Heiligen Jahres 2016 ein Metallkästchen unter anderem mit dem Schlüssel der Heiligen Pforte. Damit wurde offiziell angezeigt, dass das Heilige Jahr am 24. Dezember zum Geburtsfest des Herrn beginnen kann.
DOMRADIO.DE: Gibt es noch mehr solcher Rituale im Heiligen Jahr?
Böck: Ja, es wird nicht nur die Pforte von Sankt Peter geöffnet, sondern seit Jahrhunderten werden in den Heiligen Jahren auch andere geöffnet: Am 29. Dezember die der Laterankirche, der eigentlichen Bischofskirche des Papstes. Am 1. Januar, dem Hochfest der Gottesmutter, wird die Heilige Pforte von Santa Maria Maggiore geöffnet und am 6. Januar die in Sankt Paul vor den Mauern.
DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat beschlossen, dieses Ritual auszuweiten: Er wird am 26. Dezember, dem Fest des Heiligen Stephan, eine symbolische Pforte im römischen Gefängnis Rebibbia öffnen. Die Pforten eines Gefängnisses öffnen – das dürfte bei den Sicherheitsbehörden für Unruhe sorgen…
Böck: Die Begründung dafür geht zurück auf die Zeit des Volkes Israel: Im Buch Jesaja heißt es: "Ich bin gekommen, die Gefangenen in Freiheit zu setzen. "Die Häftlinge liegen Papst Franziskus besonders am Herzen: Er geht zum Beispiel auch am Gründonnerstag zur Abendmahlsmesse und zur Fußwaschung in ein Gefängnis, um dort seine Nähe zu den Menschen zu bekunden, die in ihrem Leben schwer gescheitert sind, aber eine Zeit der Buße durchleben.
Damit will er deutlich machen: "Du bist wieder angenommen von der Barmherzigkeit und der Liebe Gottes und in der Gesellschaft der Menschen, die auf dich warten, dass du als guter Mensch unter ihnen lebst." Was für die Gefangenen gilt, das kann für uns alle gelten: Wir sind in gewisser Weise Gefangene unserer selbst in verschiedenen Verstrickungen. Und das ist das Zeichen: Das Tor der Barmherzigkeit, der Güte Gottes steht offen. Wobei das Öffnen der Gefängnispforte natürlich symbolisch gemeint ist, aber eigentlich ist das Öffnen aller Pforten symbolisch gemeint und geht auch auf einen Psalmvers zurück, in dem es heißt: "Ich durchschreite die Pforte des Heiligtums. Kommt her, seid willkommen!"
DOMRADIO.DE: Es gibt es sehr viele Programmpunkte für das kommende Heilige Jahr, was sind die Highlights?
Böck: Ein Highlight ist natürlich das Fest der Jugend Ende Juli bis Anfang August. Da rechnen wir mit Hunderttausenden Jugendlichen in der Stadt, ähnlich wie bei der letzten Ministrantenwallfahrt. Das wird sicher ein Höhepunkt.
Und natürlich das Osterfest, das wir in diesem Jahr interessanterweise mit unseren orthodoxen Brüdern und Schwestern gemeinsam feiern. Es ist ein Zufall und zugleich ein großes Zeichen der Einheit, denn in diesem Jahr feiern wir auch das 1700jährige Jubiläum des Konzils von Nicäa.
DOMRADIO.DE: Und wenn man ruhigere, spirituelle Moment im Heiligen Jahr in Rom sucht, was ist dann Ihr persönlicher Geheimtipp als Direktor des Pilgerzentrums und Vatikankenner?
Böck: Wenn Sie Orte aufsuchen wollen, die nicht so überlaufen sind, müssen Sie schon ein wenig suchen, den vermutlich wird alles im kommenden Jahr überlaufen sein. Aber es gibt einen Ort, der mir ganz lieb ist und das ist "Tre Fontane" am Standtrand, nahe des neuen Stadtteils EUR [Anm. der Red.: Esposizione Universale di Roma]: Dort befindet sich eine ein Trappistenkloster und der Ort, wo Paulus der Überlieferung nach enthauptet wurde.
Man kann man den Kerker anschauen, wo er gefangen gehalten wurde und in einer anderen Kirche sieht man auch noch den Steinblock, wo er enthauptet wurde. Sein Kopf soll dann dreimal auf der Erde aufgeschlagen sein und dort soll jeweils eine Quelle entsprungen sein. Es ist ein Ort, wo man in die Ruhe eintauchen kann. Viele Römer fahren dorthin, ein wirklich schöner Ort!
Das Interview führte Ina Rottscheidt.