Licht aus. Spot an. Im Rampenlicht steht an diesem Abend aber nicht irgendein Popstar, sondern Jesus Christus – in Form des Allerheiligsten. Alle zwei Monate versammeln sich Gläubige in der St. Foillan Kirche in Aachen, um ihn beim sogenannten Nightfever anzubeten.
Dass ich selbst bei einem Nightfever-Abend war, ist schon einige Jahre her. Ich kenne die Gebetsabende vor allem von den Weltjugendtagen, bei denen sie immer maßlos überfüllt sind. Die Vigil des Weltjugendtags 2005 war das Vorbild für die neue Art der eucharistischen Anbetung. In meinem Umkreis ist Nightfever durchaus umstritten. Manchen ist es zu konservativ und anderen ist es zu locker und sie gehen lieber zu einer klassischen eucharistischen Anbetung. Eine Meinung habe ich mir selbst noch nicht dazu gemacht, daher gehe ich heute Abend das erste Mal alleine zu einem Nightfever.
Die Kirchenbänke sind voll
Als ich in die Kirche komme, läuft gerade noch die Messe, die bei jedem Nightfever-Abend angeboten wird. Schon hier merke ich, dass überdurchschnittlich viele Menschen da sind. Eine so volle Kirche ist in meinem Ort nur noch an Weihnachten zu finden. Nach dem Schlussgebet folgt die Einladung zu bleiben und eine kurze Umbauphase. Vereinzelt stehen Menschen auf und gehen. Die meisten bleiben. So auch ich.

Ich setze mich in eine der hinteren Bankreihen und beobachte die vielen jungen Leute in Nightfever-Pullis wie sie Kerzen verteilen und die Band aufbauen. Dann geht es los. Von rechts kommt ein Priester mit einer Monstranz – ein prunkvoll geschmücktes Gefäß für das Allerheiligste – und geht Richtung Altar. Während alle singen, stellt der Priester die Monstranz auf den Altar. Darin befindet sich eine Hostie, die in der Messe zuvor konsekriert wurde.
Eucharistische Anbetung in lockerer Atmosphäre
Dann geht plötzlich das Licht aus und nur noch die Monstranz wird angestrahlt. Im restlichen Kirchraum weisen nur Kerzen den Weg. Das wenige Licht, die Kerzen und die Musik kreieren eine beeindruckende Atmosphäre. Und diese prunkvolle Monstranz auf dem Altar erzeugt eine Ehrfurcht in mir. Sofort verstehe ich das besondere an diesen Abenden.
Während der Aussetzung knien die meisten Menschen. Vielen merkt man an, welch besonderer Moment es für sie ist. Viele Gesichter sind in Händen vergraben. Andere blicken einfach nur auf das Allerheiligste auf dem Altar. Auch wenn ich selbst knie und mich versuche auf diesen Moment einzulassen, kommt es mir eher vor als würde ich die anderen eher nachahmen als es wirklich selbst zu meinen. Ich frage mich, ob es auch anderen hier so geht.
Während die Band verschiedene Taizé-Lieder spielt, überlege ich, ob ich eines der vielen Angebote des Abends wahrnehmen soll. Ich könnte direkt vor den Altar gehen, dem Allerheiligsten ganz nah sein, mich auf einen Gebetshocker setzen, eine Kerze anzünden und einen Bibelvers aus einer Kiste nehmen, wie es einige Gläubige machen – doch ich traue mich nicht. Im linken und rechten Seitenschiff könnte ich beichten gehen, doch das habe ich seit meiner Kommunion nicht mehr getan. Also bleibe ich erstmal sitzen, konzentriere mich auf die Musik und versuche zu beten.

Währenddessen kommen und gehen die Menschen. Jeder bleibt, solange er möchte. Dieses Konzept gibt dem Abend fast schon eine lockere ungezwungene Atmosphäre, doch es hat auch einen Nachteil. Zum Konzept von Nightfever gehört die Straßenmission – also Menschen auf der Straße anzusprechen und in die Kirche einzuladen. Dafür ist die Tür zur Kirche die ganze Zeit offen. Dadurch kommen nicht nur immer wieder neue Leute in den Kirchraum, sondern auch der Lärm der Stadt. Der Geräuschpegel bringt mich immer wieder raus, bis ich mich dazu entschließe, mich ganz nach vorne zu setzen.
Platz- und Stimmungswechsel
Hier ist es deutlich ruhiger und ehrfürchtiger. Eigentlich vermeide ich es in der Kirche so weit vorne zu sitzen. Zum einen habe ich das Gefühl, ich bin es nicht würdig so weit vorne zu sitzen, denn da sitzen die, die es viel ernster meinen als ich. Zum anderen fühle ich mich dort beobachtet. Ein Glück, dass ich hier gezwungen war, direkt vor dem Altar Platz zu nehmen, denn diese Angst wurde nicht bestätigt. Hier wirkt alles noch intensiver. Es wirkt fast, als würde mich das Allerheiligste anstrahlen.
Passend zu meinem Platzwechsel, wechselt auch die Band und damit auch der Stil. Anstatt Taizé wird jetzt Lobpreismusik gespielt. Das ändert auch sofort etwas an der Stimmung. Während die Taizé-Lieder einen meditativen Charakter haben, steht bei den Lobpreisliedern der Text wieder mehr im Vordergrund. Das beeinflusst auch die Anbetung.

Jetzt habe ich das Gefühl, richtig dabei zu sein und mich auf die Anbetung einlassen zu können. Zum Ende traue ich mich dann doch ganz nach vorne vor den Altar zu gehen. Zuvor habe ich noch ein Gebetsanliegen ausgefüllt, die auf den Bänken liegen. Ich setze mich auf einen Gebetshocker und nehme diese ganz andere Atmosphäre hier vorne wahr. Hier herrscht Ehrfurcht. Noch mehr als in den Bänken zu spüren war. Nach einigen Minuten stehe ich auf, werfe mein Gebetsanliegen ein, nehme mir einen Bibelvers und gehe.
Draußen erschlägt mich die kalte Luft. Es ist wie aus einem Traum wieder zurück in die Realität zu kommen. Über eine Stunde hat mich diese Atmosphäre eingenommen und die Zeit verging tatsächlich wie im Flug. Ich fühle mich wie beseelt und frage mich, warum ich nicht öfter solche Angebote wahrnehme.