Erneut Debatte um NPD-Verbot

Nach Bundesparteitag in Berlin

 (DR)

Begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot und Gegendemonstrationen eines überparteilichen Bündnisses gegen Rechts fand am Wochenende ein NPD-Bundesparteitag in Berlin statt. Die Rechtsextremen hatten die Genehmigung zur Veranstaltung ihres Treffens in einem Berliner Bezirk gerichtlich erzwungen. Unterdessen forderten mehrere Politiker die Wiederaufnahme des NPD-Verbotsverfahrens. Die Zahl der rechtsextremen Straftaten in Deutschland legt derweil weiter zu. Bis Ende September registrierte das Bundeskriminalamt insgesamt 9013 einschlägige Delikte, etwa 20 Prozent mehr als in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres. Auch die Zahl der Gewalttaten steigt weiter an.

Berlin Bundeshauptstadt, nicht Reichshauptstadt
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linkspartei) nannte den NPD-Parteitag in Berlin "unerträglich". Sie sei zur Demonstration gekommen um deutlich zu machen, dass Berlin nicht die "Reichshauptstadt" sei, zu der sie die Rechtsextremisten machen wollten. Toleranz höre da auf, wo Menschenfeindlichkeit und Rassismus gepredigt werden, betonte Pau.

Stimmen für neuen NPD-Verbotsantrag
Vizekanzler Müntefering hat sich dafür ausgesprochen, einen neuen Anlauf für ein Verbot der NPD zu prüfen. "Wenn die NPD verboten werden kann - das wird zu prüfen sein - dann bin ich eindeutig dafür", sagte er in ARD/"Bericht aus Berlin". Auch Berlins Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) sowie der CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Friedbert Pflüger, sprachen sich für Neuanlauf des NPD-Verbotsverfahren aus. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nannte es am Montag vor einer Sitzung des SPD-Präsidiums in Berlin „unerträglich", dass im Rahmen des Parteiprivilegs dauernd die Demokratie nicht akzeptiert werde. Mit Blick auf den zunehmenden Rechtsextremismus sagte Wowereit: „Ich glaube nicht, dass eine Demokratie das hinnehmen muss." Ein Verbotsantrag müsse aber gut begründet sein, damit er auch Aussicht auf Erfolg habe.

Schöhnbohm: Sorgfältige Prüfung
Die Innenminister von Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz lehnen ein neues NPD-Verbotsverfahren jedoch ab. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) plädierte im ARD-"Morgenmagazin" für eine sorgfältige Prüfung eines möglichen Verbots der NPD. Schönbohm schränkte aber ein, im Augenblick bezweifle er, „dass das funktioniert." Über ein NPD-Verbot solle erst dann diskutiert werden, wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt und die Erfolgsaussichten gut seien.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, äußerte sich ebenfalls zurückhaltend. Im Nachrichtensender N24 sagte Freiberg, er halte die politische Forderung, die NPD zu verbieten, für richtig. Es müsse aber sorgfältig geprüft werden, ob die Bedenken des Verfassungsgerichtes beim gescheiterten ersten Verbotsantrag eingehalten werden können. Freiberg verwies ferner darauf, dass ein neues Verfahren Jahre dauern würde.

Studie: Rechtes Gedankengut verbreitet
Laut einer  Studie der Friedrich Ebert-Stiftung ist rechtsextremes Gedankengut quer durch alle Bevölkerungsschichten und Generationen verbreitet. Der in dieser Woche veröffentlichten Untersuchung zufolge betrachten 9 Prozent aller Deutschen die Diktatur als die unter Umständen bessere Staatsform, 15,2 Prozent sehnen sich sogar nach einem Führer mit starker Hand.