Bundestag: Heute Münteferings Etat auf dem Prüfstand

Schlagabtausch am Jahrestag

Ein Jahr nach dem Amtsantritt der schwarz-roten Bundesregierung sieht die große Koalition das Land deutlich besser aufgestellt als noch vor zwölf Monaten. Das sieht die Opposition ganz anders und nutzte den Jahrestag der Wahl von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch im Bundestag erwartungsgemäß zur Generalabrechnung mit der Regierungspolitik. Merkel selbst zeigte sich in der Debatte über ihren Haushalt 2007 zufrieden mit ihrem ersten Amtsjahr. Heute steht u.a. der Etat von Bundesarbeitsminister Müntefering auf dem Prüfstand.

 (DR)

Sie verwies darauf, dass die Wirtschaft so stark wachse wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr und es in diesem Jahr eine halbe Million weniger Arbeitslose gebe. Dank der Erholung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt stiegen auch die Steuereinnahmen, was eine Reduzierung der Neuverschuldung auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung ermöglicht habe.
„Ich finde, das sind gute Daten, und über diese können wir uns freuen", sagte die Regierungschefin. Sie räumte jedoch ein, dass den Bürgern einiges zugemutet worden sei. Doch müsse noch mehr getan werden, um die soziale Marktwirtschaft „grundlegend zu erneuern". Der Sanierungskurs habe „erst sein Ziel erreicht, wenn ein ausgeglichener Haushalt erreicht worden ist". Auch könne man sich mit vier Millionen Arbeitslosen nicht zufrieden geben. Im Fokus der Reformen stehe daher die Stärkung der Wirtschaft, um zu einer Senkung der Arbeitslosigkeit zu kommen.

Kritik der Opposition
FDP-Chef Guido Westerwelle hielt Merkel und der Koalition vor, angesichts eines mangelnden Sparwillens und einer falschen Steuerpolitik offenbar einer „völligen Realitätsverdrängung" zu erliegen. Statt den Bürgern mehr Freiheit zu geben, würden sie mit der größten Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik belastet. Hinzu komme eine Gesundheitsreform, die einen „Weg in die Zwangskasse" mit höheren Preisen für schlechtere Leistungen bedeute.

Links-Fraktionschef Gregor Gysi bescheinigte der Koalition eine Politik zu Lasten der Schwächeren. Während die Regierung trotz steigender Steuereinnahmen im nächsten Jahr Arbeitnehmer, Rentner und Arbeitslose mit 30 Milliarden Euro belaste, plane sie zugleich eine Unternehmenssteuerreform, die den großen Konzernen zugute komme. Das sei eine „direkte Umverteilung von unten nach oben".

Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast monierte, mit der Unternehmenssteuerreform solle die Wirtschaft entlastet werden, während die Koalition „dem kleinen Mann bei der Mehrwertsteuer wieder in die Tasche" greife. Bei der Gesundheitsreform wiederum habe die Koalition eine Vorstellung mit „monatelangem Herumdoktern" geboten, bei der „die Menschen beim Zuschauen eher krank geworden" seien.

Koalition blickt optimistisch in die Zukunft
SPD-Fraktionschef Peter Struck wertete dagegen die zurückliegenden zwölf Monate als „erfolgreiches Jahr für unser Land". Dabei bedeute eine große Koalition zum einen große Verantwortung, zum anderen aber auch große Kompromisse. Angesichts der unterschiedlichen Ausgangspunkte könne er daher beispielsweise die Kritik an der Gesundheitsreform „überhaupt nicht nachvollziehen".
Sein Unions-Kollege Volker Kauder (CDU) sah einen „neuen Optimismus" als Folge der Regierungsarbeit. Die Wirtschaft habe wieder Tritt gefasst und die Haushaltskonsolidierung mache Fortschritte, sagte der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende. Sein Fazit zu einem Jahr großer Koalition laute daher: „Wir bringen unser Land voran."

Donnerstag: Etat auf dem Prüfstand
Der Bundestag debattiert am Donnerstag über den Etat von Bundesarbeitsminister Müntefering. Mit einem Volumen von fast 125 Milliarden Euro ist er der mit Abstand größte Einzelhaushalt. Der Löwenanteil darin entfällt auf die Aufwendungen zur Rentenversicherung und für Langzeitarbeitslose. Es wird erwartet, dass Müntefering auch Stellung zur Debatte um das Arbeitslosengeld I nimmt. Am dritten Tag der Haushaltsberatungen stehen auch die Ressorts Innen, Verkehr, Bildung, Umwelt sowie Verbraucherschutz und Ernährung zur Beratung auf der Tagesordnung des Parlaments.