Kein Türkei-Ultimatum auf dem Dreier-Treffen mit Kaczynski, Merkel und Chirac verabredet

"Weimarer Dreieck" milde gestimmt

Bundeskanzlerin Merkel ist am Dienstag im saarländischen Mettlach mit dem französischen Staatspräsidenten Chirac und dem polnischen Präsidenten Kaczynski zusammengekommen. Beim sechsten Treffen der Staats- und Regierungschefs im Rahmen des sogenannten "Weimarer Dreiecks" geht es um internationale Fragen und europapolitische Themen. Zur Bedeutung des Treffens: Hören Sie im domradio-Interview die Politikwissenschaftlerin Iris Kemper.

 (DR)

Die Staats- und Regierungschefs der drei Länder wollen ihre Zusammenarbeit auf den Gebieten der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik intensivieren. Diplomaten sollen gemeinsam ausgebildet werden und bis 2011 soll ein gemeinsames militärisches Konzeptentstehen. Schon jetzt arbeiteten die Länder bei Einsätzen im Kongo, in Afghanisten und im Libanon zusammen. Entgegen ersten Berichten in den Medien wurden auf dem Treffen keine Ultimaten für die Türkei vereinbart.

Nach den deutsch-französischen Konsultationen am Morgen hieß es noch,  der Türkei solle eine Frist von 18 Monaten zugestanden werden, nach der die EU-Staaten - und nicht die EU-Kommission - entscheiden sollen, ob die Türkei die Bedingungen für normale Beitrittsgespräche wieder erfüllt. Die EU-Kommission hatte zuvor einige Kapitel vor dem Hintergrund des Zypern-Streits auf Eis gelegt.

Scharfe Kritik vom Zentrum für Türkeistudien
Der Leiter des Zentrums für Türkeistudien, Faruk Sen, hat die mögliche deutsch-französische Initiative für ein Ultimatum an Ankara über EU-Beitrittsgespräche scharf kritisiert. Deutschland und Frankreich wollten die Haltung der Türkei in der Zypernfrage offensichtlich dazu benutzen, ein Ende des Beitrittsprozesses zu provozieren, sagte Sen am Dienstag in Essen.

„Es scheint, dass Merkel und Chirac darauf setzen, dass im Falle eines solchen Ultimatums die Türkei ihr Beitrittsgesuch zurückzieht", betonte Sen. Die Beteiligten machten „kaum noch Anstalten, diesen Eindruck zu verwischen". Einem derartigen Ultimatum müsse man „eine klare Abfuhr" erteilen.

Nachholtermin
Das „Weimarer Dreieck" sollte ursprünglich am 3. Juli in Weimar stattfinden. Kaczynski sagte dann aber ab, offiziell wegen einer Erkrankung. Vor dem geplanten Gipfel hatte eine Kaczynski-Satire in der Berliner „tageszeitung" für Verstimmungen auf polnischer Seite gesorgt.

Das „Weimarer Dreieck" geht auf das Jahr 1991 zurück. Die damaligen Außenminister Genscher, Dumas und Skubiszewski begründeten damit eine feste Institution. Seither treffen sich die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens jährlich, seit 1998 auch die Staats- und Regierungschefs.