Klaus-Dieter Kottnik wurde am Freitag in sein Amt eingeführt

Neuer Diakonie-Präsident drückt aufs Reformtempo

Der neue Präsident des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Klaus-Dieter Kottnik, ist am Freitag in einem Festgottesdienst in Berlin in sein Amt eingeführt worden. Kottnik hob in seiner Predigt die Bedeutung der evangelischen Wohlfahrtspflege als Anwältin für die sozial Schwachen hervor. Die Einführungsrede hielt der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber. - Als neuer Präsident des Diakonischen Werkes hat sich Kottnik viel vorgenommen.

 (DR)

"Zwei Millionen Kinder in Armut - da werde ich verrückt"
Die Diakonie müsse von den Menschen als das "soziale Gesicht der Kirche" erlebt werden und sich "eindeutig und glaubwürdig" auf die Seite der benachteiligten Menschen stellen. Innerhalb des evangelischen Wohlfahrtsverbandes drückt der 54-jährige Schwabe aufs Reformtempo.Die Sozialpolitik der vergangenen Jahre sieht Kottnik kritisch.

"Mehrere Jahre lang haben wir eine Sozialstaatsdiskussion unter rein ökonomischen Gesichtspunkten geführt", bemängelt er. In jüngster Zeit habe aber ein Perspektivwechsel stattgefunden, glaubt der neue Diakonie-Chef. Auch wenn er das Wort "Unterschicht" nicht gutheiße, sei er doch dem SPD-Parteivorsitzenden Kurt Beck dankbar, dass er mit seiner Bemerkung über die Resignation ganzer Bevölkerungsgruppen eine Debatte über die Armut in Deutschland ausgelöst habe. "Ich werde verrückt, wenn ich weiß, dass zwei Millionen Kinder in Armut leben - und zugleich über zu wenige Kinder in Deutschland geklagt wird", so der Theologe.

"Hocheffizient, professionell organisiert und strukturiert"
Der neue Diakonie-Präsident verlangt aber nicht nur von der Politik Korrekturen, sondern auch vom eigenen Verband und den Einrichtungen der evangelischen Wohlfahrt. Kottnik, der als Vorstandsvorsitzender seit 1991 die Diakonie Stetten in Kernen im württembergischen Remstal geleitet hat, drängt auch die evangelischen Sozialunternehmen zu Reformen. Sie müssten "hocheffizient, professionell organisiert und strukturiert sowie finanziell transparent aufgestellt sein", fordert er. Außerdem müssten sie mehr in die Fortbildung ihrer Mitarbeiter investieren.

Beim Bundesverband der Diakonie, den 23 Landesverbänden sowie den über 80 Fachverbänden wird Kottnik darauf drängen, dass sie sich "sinnvoll" zusammenschließen und sich "untereinander stärken", kurzum "effiziente und sachorientierte Arbeit" leisten, wie der Nachfolger des im Sommer 2006 zurückgetretenen Jürgen Gohde unmittelbar nach seiner Wahl am 19. Oktober in Berlin ankündigte. Die teuren Doppel- und Mehrfachstrukturen sind ihm ein Dorn im Auge. Die Verbandsspitzen müssen sich also auf intensive Debatten mit ihrem neuen Präsidenten einstellen. Bei allem zu erwartenden Streit, sagt Kottnik, gehe es ihm letztlich aber um "Versöhnung nach innen".

Von 1984 bis 1991 Gemeindepfarrer
Kottnik, der aus einer evangelisch-freikirchlichen Familie kommt, trat am Anfang seines Theologiestudiums der württembergischen Landeskirche bei. Unmittelbar nach dem Studium schloss er sich einer Kirchengemeinde eines sozialen Brennpunkts an. Danach vertiefte er seine Kenntnisse in sozialpolitischen Fragen beim Diakonischen Werk Württemberg. Von 1984 bis 1991 arbeitete Kottnik in seiner Geburtsstadt Stuttgart als Gemeindepfarrer, um dann, wie er sagt, ein "sehr großes Wagnis" einzugehen: Als 39-Jähriger wechselte er den Beruf und wurde Vorstandsvorsitzender der Diakonie Stetten in Kernen und damit Chef von 2.500 Beschäftigten. Im Jahre 2002 wurde er zum Bundesvorsitzenden des evangelischen Behindertenverbandes gewählt.

Kottnik zieht nun aus der schwäbischen Provinz in die Hauptstadt Berlin. Die Stadt ist dem zweifachen Vater nicht unvertraut, denn seine Frau Roswitha ist Berlinerin.