Die CDU sucht ihr christlich konservatives Profil

Kruzifix noch mal

Nach CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla hat sich auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) für Kruzifixe in allen Schulen ausgesprochen. Die Forderung sei berechtigt, sagte Kauderin Berlin. Es sei völlig richtig, christliche Symbole in den Schulen auch zu zeigen. Zugleich wies er eine Charakterisierung seiner Partei als "konservativ" zurück. Die CDU-Mitglieder seien vor allem christliche Demokraten.

 (DR)

Kauder für Kruzifixe in den Schulen
Kauder sprach von wachsender Bereitschaft der Menschen, die Bedeutung des "Christlichen" wieder wahrzunehmen. Umfragen belegten den Rang christlicher Werte auch bei jenen, die nicht zu den Kirchgängern zählten oder in der Kirche engagiert seien. "Wir machen Politik auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes", meinte der Fraktionschef. Das gewinne derzeit auch wieder stärker an Bedeutung.

Dabei wandte er sich gegen eine Reduzierung seiner Parteilinie auf konservative Positionen, die mehrere prominente Unionspolitiker im Zuge der Grundsatzprogramm-Debatte anmahnten. "Wir als Christdemokraten haben mit Konservativen, wie es die Tories in England sind, überhaupt nichts zu tun", meinte der CDU-Politiker. Er werbe dafür, dass sich seine Parteifreunde stärker als in der Vergangenheit als Christdemokraten bezeichneten.

FDP: Entscheidung den Schulen überlassen
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel will die Entscheidung über Kreuze in Klassenzimmern den Schulen überlassen. Er halte eine Pflicht, Kreuze in Klassenzimmern staatlicher Schulen aufzuhängen, zwar für unangemessen. Die Entscheidung sollten aber die Betroffenen vor Ort treffen, sagte er der "BILD"-Zeitung (Montag).

Niebel unterstrich: "Selbstverständlich können konfessionelle Schulen ihre Räume mit religiösen Symbolen ausstatten. Für staatliche Schulen, auf die Kinder aller Konfessionen gehen müssen, ist das unangemessen - es sei denn, alle Beteiligten vor Ort wünschen dies." Allerdings sei es "sinnvoller, jedes Klassenzimmer mit einem Grundgesetz auszustatten".

Vor zwölf Jahren hatte das sogenannte Kruzifix-Urteil in Bayern für viel Wirbel gesorgt. Das bis dahin vorgeschriebene Schulkreuz muss seit dem Urteil auf Wunsch von Eltern abgehängt werden. Nach Informationen des Bayrischen Rundfunks waren die Auswirkungen des Urteils allerdings gering. In nur knapp zehn Schulen wurde das Kreuz auf Drängen von Eltern oder Lehrern abgehängt. Seit einigen Jahren sei dem bayrischen Kultusministerium kein Fall mehr bekannt.

Presseschau:
Pofallas Vorschlag wurde in den Kommentaren der Tageszeitungen eher mit Häme betrachtet. Die Trennung von Staat und Kirche sei in Jahrhunderten mühsam erkämpft worden. Der zunehmenden Stärke des Islam könne man nicht mit staatlicher Förderung des Christentums begegnen:

Die Neue Osnabrücker Zeitung schreibt, "interessant wäre ein Blick in Pofallas Schlafzimmer. Dort kann er nämlich gerne ein Kruzifix aufhängen, wenn es ihm wirklich so wichtig ist. Oder die Dienstwagen der Partei mit christlichen Aufklebern und die Büros der CDU-Abgeordneten mit Kreuzen versehen. Für Klassenzimmer und Gerichte gilt das jedoch nicht. Hier untergräbt das Symbol ebenso wie eine schärfere juristische Ahndung der Gotteslästerung die Trennung von Kirche und Staat.

Die ist ein Wert, der im Unterschied zum christlichen Glauben zwingender Pfeiler unseres politischen Systems ist. Mit anderen Worten: Eine Demokratie ist ohne Christentum denkbar. Sie ist aber nicht denkbar ohne Freiheit von Meinung und Glauben sowie die Freiheit von unmittelbaren kirchlichen Einflüssen auf Politik und Rechtsprechung.

Über Jahrhunderte hat sich dieser Status in der westlichen Welt mühsam entwickelt. Keiner sollte ihn auch nur im Ansatz aufgeben - auch dann nicht, wenn er sich in konservativen Kreisen profilieren will oder sich durch einen medial allgegenwärtigen Islam unter Druck gesetzt fühlt. Das Miteinander der Überzeugungen muss das Ziel sein, keine staatliche Förderung christlicher Ansprüche auf Vorherrschaft." (Neue Osnabrücker Zeitung 10.09.07)

Die in Essen erscheinende WAZ kommentiert in ihrer Montagsausgabe, "...erst wollte der künftige bayerische Ministerpräsident Beckstein alle Konvertiten überwachen lassen. Nun fordert CDU-Generalsekretär Pofalla als Gegenmaßnahme die christliche Offensive: Kruzifixe zurück in alle staatlichen Schulen, heißt der Schlachtruf. Und Edmund Stoiber verabschiedet sich mit einer Bundesratsinitiative, nach der Gotteslästerung wieder schärfer unter Strafe gestellt werden soll...

Mit der Wiederbelebung der Kruzifix-Debatte unterstellt die Union, dass wir uns wegen der Vernachlässigung unserer christlichen Wurzeln der Strahlkraft des Islam nicht erwehren könnten. Natürlich dürfen wir nicht länger die Augen davor verschließen, dass in den Parallelgesellschaften muslimischer Gemeinschaften in diesem Land manche Grundregeln unserer Verfassung faktisch außer Kraft gesetzt sind. Die Anerkennung des Toleranzgebots und die Gleichberechtigung der Frauen können wir aber ganz sicher nicht durch einen Kampf der Kulturen bzw. der Religionen erreichen...

Neutraler wirkt da schon Stoibers Forderung, in Deutschland den Straftatbestand der Gotteslästerung wieder einzuführen. Schließlich könnten davon alle Religionen 'profitieren'. Tatsächlich aber würden wir durch ein solches Recht die Meinungsfreiheit massiv einschränken und uns in eine Art mittelalterliche Verfasstheit zurückbeamen, die wir arabischen Regimen vorwerfen. Wie können aufgeklärte Menschen nur so törichte Debatten anstoßen?"  (WAZ 10.09.07)