Stichwahl im November - Friedensnobelpreisträgerin aus dem Rennen

Noch keine Entscheidung für Guatemala

Einige verbrannte Wahlurnen, ein gestürmtes Bürgermeisteramt, Dutzende gefälschter Wahldokumente und: noch kein neuer Präsident. So lauten die vorläufigen Ergebnisse der Wahlen in Guatemala, die nach einem gewalttätigen Wahlkampf weitgehend friedlich abliefen. "Der Demokratisierungsprozess setzt sich fort", sagen ausländischen Wahlbeobachter.

 (DR)

Alle Voraussagen bestätigt
Und auch viele Bürger sind zufrieden. Denn sie konnten aufgrund einer Verdoppelung der Wahllokale erstmals auch in kleineren Orten wählen - mit der Folge, dass um Mitternacht erst die Stimmen von 24 Prozent der "Wahltische" ausgezählt waren. Trotz Trockenübungen in Übermittlungstechniken hatte sich offenbar niemand vorgestellt, wie kompliziert es sein könnte, die Ergebnisse kleiner Dörfer auszuzählen und ans Wahlzentrum in Guatemala-Stadt zu liefern. Zu nachtschlafender Zeit, um 3.30 Uhr am Montagmorgen (Ortszeit), verabschiedete sich schließlich das Oberste "Wahltribunal": Man ziehe sich beruhigt zurück, da 60 Prozent der Stimmen ausgezählt seien. Am Mittwoch um 11.00 Uhr (Ortszeit) werde das offizielle Ergebnis bekanntgegeben.

Doch Trends und Tendenzen zeichneten sich im Morgengrauen bereits ab - und bestätigten alle Voraussagen: Alvaro Colom, der sich als Sozialdemokrat einstuft und die Partei der Nationalen Einheit der Hoffnung (UNE) vertritt, wird am 4. November in der zweiten Wahlrunde gegen Ex-General Otto Perez Molina von der Patriotischen Partei (PP) antreten. Der Vorsprung von Colom vor General Perez ist knapp: 27 zu 25 Prozent.

Und um Mitternacht, als die Hauptstadtergebnise vorlagen, hatte es sogar noch so ausgesehen, als würde der "Seiteneinsteiger" Alejandro Giammattei von der derzeit regierenden Großen Nationalen Allianz (GANA) mit dem General ins Rennen gehen. Der spät nominierte und deshalb über die Hauptstadt hinaus kaum bekannte Arzt fiel dann aber auf 18 Prozent zurück - und bleibt immerhin ein wichtiger Verhandlungspartner für die Kandidaten der Endrunde.

Friedensnobelpreisträgerin aus dem Rennen
Deutliche Absagen erteilten die Wähler dagegen der Partei des wegen Menschenrechtsverbrechen in Spanien angeklagten Ex-Diktators Efrain Rios Montt sowie den extrem linken Parteien. Die vor allem im Ausland bekannte Kandidatin der Partei der Begegnung für Guatemala (EG), die Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchu, liegt mit 3 Prozent an sechster Stelle.

So treten also Perez (57) und Colom (56) gegeneinander an. In gewisser Weise sind sie Erben der tragischen Bürgerkriegsgeschichte Guatemalas: Alvaro Colom ist der Neffe des 1979 ermordeten Hauptstadt-Bürgermeisters Manuel Colom Argueta. In nur drei Jahren schloss er das Hochschulstudium an der staatlichen Universität San Carlos als Industrie-Ingenieur ab, machte sich als Geschäftsmann selbstständig und war Gründungsmitglied und Direktor des Friedens-Fonds FONAPAZ. 2003 verlor er die Wahlen gegen den jetzigen Präsidenten Oscar Berger Perdomo.

Colom und Perez als Zeitungs-Karikatur
General Perez dagegen hat eine Militär-Karriere hinter sich: unter anderem die Ausbildung an der nordamerikanischen "School of Americas", die Militärs lateinamerikanischer Länder ausbildete - auch in Methoden der "Kommunismusbekämpfung", die nicht mit den Menschenrechten vereinbar sind. 1994 war er Chef des in Guatemala berüchtigten Militärgeheimdienstens G2 - hat dann aber maßgeblich das Militär bei den Friedensverhandlungen vertreten und die Verträge unterzeichnet.

Eine Zeitungs-Karikatur der vergangenen Tage zeigt Colom und Perez im Duell. Rücken an Rücken stehen sie da, die Revolver in die Höhe gestreckt: In der Waffe von Perez steckt eine Patrone, auf der FONAPAZ steht - angeblich soll Colom dort Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Und in Coloms Revolver steckt eine Patrone, auf der zu lesen ist: Massaker in Guatemala. Damit ist - unter anderem - die Munition vorgezeichnet, mit der die Kontrahenten in den nächsten Wochen aufeinander losgehen werden.