Tausende nehmen an dem Pilgerzug teil

Laubhüttenfest in Jerusalem

Rund 7.000 christliche Zionisten aus knapp 90 Ländern haben am Dienstag am "Marsch der Christen" teilgenommen. Ihr Ziel: Solidarität mit dem Volk Israel bekundem. Scharfe Kritik im Vorfeld hatte die Feierlichkeiten diesmal jedoch getrübt.

 (DR)

König David mit Laier winkt frenetisch den jubelnden Zuschauern zu. Neben ihm auf dem Wagen steht ein Mann mit Arafat-Tuch - und wirkt etwas weniger hingerissen. Hinter den beiden klatschen bewaffnete Soldaten im Takt des Schlagers "goldenes Jerusalem". Der Wagen ist eines der großen Gefährte auf dem "Marsch der Christen", der zum jüdischen Laubhüttenfst durch Jerusalem zieht. Rund 7.000 zumeist evangelikale Teilnehmer sind aus aller Welt angereist. Sie marschieren nach Ländern und Organisationen gruppiert bei der Parade mit, tanzen, verteilen Israel-Fahnen und kleine Geschenke an die Zuschauer. Allein aus Brasilien sind 900 Pilger gekommen, mehr als 100 aus Deutschland.

Organisiert wird das Event seit 28 Jahren von der freikirchlichen Organisation "Internationale Christliche Botschaft in Jerusalem" (ICEJ), einem christlich-zionistischen Zusammenschluss zur Förderung der Freundschaft mit Israel. Doch längst ist der Marsch mehr geworden als eine christliche Solidaritätsbekundung für das Volk Israel: Die Jerusalemer Polizei trägt ihre Banner genauso mit wie israelische Behindertenvereine oder die Luftfahrtgesellschaft El Al. Zehntausende jüdische Teilnehmer haben sich den Christen angeschlossen.

Scharfe Kritik im Vorfeld
"Großartig" findet Niko aus Finnland dieses Miteinander. Der junge Evangelikale läuft unter dem Banner der ICEJ-Jugend und schüttelt mit einem "Shalom" alle Hände, die er erreichen kann. "Am liebsten würde ich allen sagen, dass Jesus sie liebt", sagt er, "aber das wollen unsere Verantwortlichen nicht". Mit gutem Grund, hat doch das Jerusalemer Oberrabbinat dieses Jahr Juden die Teilnahme am Marsch verboten - wegen "missionarischer Aktivitäten" einzelner Christen in den vergangenen Jahren. Selbst diplomatische Vermittlungsversuche konnten die oberste jüdische Instanz des Landes nicht umstimmen.

Die Organisatoren des Marschs reagierten beleidigt: Die Teilnehmer wollten nichts weiter als dem Volk Israel "in schwierigen Zeiten" ihre Solidarität bekunden, und zwar aufgrund biblischer Einladung. Sie berufen sich auf einen Satz im alttestamentlichen Buch Sacharja, laut dem auch heidnische Völker zum Laubhüttenfest nach Jerusalem ziehen, um dort gemeinsam mit den Juden zu feiern. Die israelische Prominenz demonstrierte jedenfalls Schulterschluss mit den christlichen Zionisten: So gehörten die Eltern der drei vermissten israelischen Soldaten ebenso zu den Ehrengästen des christlichen Laubhüttenfestes wie Ministerpräsident Ehud Olmert.

Tourismusevent Laubhüttenfest
Für Israel ist das christliche Laubhüttenfest nicht nur das größte jährliche Tourismusevent geworden, mit Millioneneinnahmen allein für die Hotelbranche. Tatsächlich weiß die Staatsführung auch die politisch-moralische Unterstützung der christlichen Zionisten zu schätzen: Vor allem in den Vereinigten Staaten hat die Bewegung erheblichen Einfluss auf die politische Meinungsbildung. Wenn die ICEJ sich auch offiziell aus politischen Streitfragen heraushält, so besteht sie doch aus Glaubensgründen auf dem unverrückbaren Anspruch des Volkes Israel auf das verheißene Land. Erst wenn das ganze jüdische Volk wieder in Israel versammelt sei, so ihre auf einzelnen Bibelversen fußende Überzeugung, werde der Messias endgültig zurückkehren.

Diese zionistische Theologie hatte vergangenen Sommer die Kirchenführer Jerusalems auf den Plan gerufen: Mit harten Worten verurteilten vier arabische Bischöfe, angeführt vom Lateinischen Patriarchen Michel Sabbah, die Ansichten als "Irrlehre", die sich mit einer einseitigen und schädlichen Politik solidarisiere. Aber auch Juden beäugen die überschwänglichen Freundschaftsbekundungen mit Misstrauen: "Ich finde diese seltsame Liebe etwas erdrückend", meint ein junger Jude mit Blick auf die bunte Parade. "Schließlich trennen uns zwei Jahrtausende schwieriger Geschichte."