Vor 20 Jahren starb Uwe Barschel

Bis heute rätselhaft

Das Foto ging vor 20 Jahren um die Welt. Am 11. Oktober 1987 entdeckte ein Reporter den toten Uwe Barschel in der Badewanne eines Genfer Hotels. Bis heute sind die Todesumstände des ehemaligen Ministerpräsidenten ungeklärt.

 (DR)

"Gewichtige Indizien für Selbstmord"
Für Schleswig-Holsteins Generalstaatsanwalt Erhard Rex bleibt der Tod des Politikers, mit dessen Name der größte Polit-Skandal der Bundesrepublik untrennbar verbunden ist, weiter rätselhaft.

Nach Ansicht des Juristen gebe es zwar Indizien für Mord, aber auch "gewichtige Indizien für Selbstmord". Als Vater der Mordtheorie gilt der ehemalige Chefermittler und jetzige Leiter der Lübecker Staatsanwaltschaft, Heinrich Wille.

Der Politskandal
Rückblende: Ein Beitrag des Nachrichtenmagazins "Spiegel" hatte den Skandal knapp eine Woche vor der Landtagswahl am 13. September 1987 ins Rollen gebracht. In dem Artikel war von Bespitzelungen des SPD-Spitzenkandidaten Björn Engholm die Rede. Einen Tag vor der Wahl wurde das Hamburger Magazin konkreter. Eine Vorabmeldung verbreitete sich am Samstag vor dem Urnengang wie ein Lauffeuer. Als Quelle diente dem "Spiegel" Barschels eigener Medienreferent Reiner Pfeiffer, ein von der CDU engagierter ehemaliger "Spiegel"-Journalist.

Barschels "Mann fürs Grobe" hatte den charismatischen Barschel-Gegner Engholm bespitzeln lassen, eine anonyme Steueranzeige gegen ihn gestartet und ihn telefonisch unter falschem Namen mit einem angeblichen Aids-Verdacht verunglimpft. Nach Darstellung Pfeiffers war Barschel Drahtzieher und Auftraggeber der Machenschaften. Der Regierungschef beteuerte seine Unschuld und gab vor laufenden Fernsehkameras die berühmte "Ehrenwort"-Pressekonferenz. Anfang Oktober musste er schließlich zurücktreten.

Doppeltes Spiel
Der Politskandal beschäftigte gleich zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse. Während der erste Ausschuss Anfang 1988 noch zu dem Schluss kam, dass Barschel in Pfeiffers Machenschaften verstrickt war, musste der seit 1988 im Norden regierende und mittlerweile zum SPD-Bundesvorsitzenden aufgestiegene Engholm im sogenannten Schubladenausschuss fünf Jahre später einräumen, bereits früher von den schmutzigen Tricks gegen ihn gewusst zu haben als zuvor angegeben.

Pfeiffer hatte seinerzeit ein doppeltes Spiel geführt und bereits kurz vor der Landtagswahl auch die SPD über die Machenschaften in der Kieler Staatskanzlei informiert. Anfang Mai 1993 legte Barschels einstiger Kontrahent schließlich alle Ämter nieder. Barschel sei ihm eine Warnung gewesen. So wie der CDU-Politiker habe er nicht enden wollen, sagt Engholm heute.

Oder doch Mord?
Dass Barschel Selbstmord begangen haben könnte, glaubte dessen Witwe Freya nie. Als Todesursache stellten Ärzte seinerzeit Medikamente fest. Freya Barschel tritt für eine Wiederaufnahme der Ermittlungen ein, die Ex-Chefermittler Wille 1998 einstellen musste, da angeblich keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten waren.

Die Aufnahme von Ermittlungen, wie sie der Anwalt der Familie fordert, lehnte die Bundesanwaltschaft jedoch mit Verweis auf die fehlende Zuständigkeit ab. Die Spekulationen über die drei möglichen Szenarien gehen weiter. Sah Barschel keinen anderen Ausweg als den Selbstmord, wurde er Opfer eines Mordes oder ließ er sich gar von einem Unbekannten Sterbehilfe leisten?