In der Landespolitik war das Jahr 2007 geprägt von zahlreichen neuen Gesetzen und dem Ende des Bergbau

Das Jahr der Entscheidungen

2007 war das Jahr der Entscheidungen in der Landespolitik. Die schwarz-gelbe Koalition brachte mehr als 40 Gesetze durch den Landtag. Von der Gemeindeordnung über die Mitbestimmungsnovelle für Landesbedienstete bis zum Kinderbildungsgesetz stand die Mehrheit von CDU und FDP - trotz teils heftiger Proteste gegen die Regierung. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) verzeichnete auch Erfolge in der Bundespolitik. Nach jahrelangem Ringen wurde eine längere Zahldauer des Arbeitslosengeldes I für Ältere und der Ausstieg aus der Steinkohle-Förderung in Berlin beschlossen.

Autor/in:
Martin Teigeler
 (DR)

Begonnen hatte das politische Jahr 2007 mit einem Wechsel bei der größten Oppositionspartei. Im Januar wählte ein SPD-Landesparteitag die Fraktionsvorsitzende Hannelore Kraft auch zur Parteichefin und Spitzenkandidatin für die nächste Landtagswahl 2010. Nach dem eher ruhigen Amtsvorgänger Jochen Dieckmann verordnete die Frau aus dem Ruhrgebiet den Genossen ein größeres Selbstbewusstsein. Unter dem Motto "Klare Kante" verschärfte Kraft den Widerstand gegen die Rüttgers-Regierung. So gelang es ihr immerhin, das zuvor lädierte Verhältnis der SPD zu den Gewerkschaften wieder zu verbessern.

Die verschärfte Tonart zwischen Opposition und Regierung zeigte sich bei der ersten Krisensituation des Jahres im Land. Das Orkantief "Kyrill" warf im Januar in NRW rund 16 Millionen Bäume um. Das waren mehr Bäume, als sonst in drei Jahren gefällt werden. Vor allem die Waldbauern in Südwestfalen waren betroffen. Die SPD kritisierte ein mangelhaftes Krisenmanagement der Landesregierung. Das Land setzte dagegen auch auf Millionen-Hilfen aus Brüssel.

Historische Dimensionen erreichte die im Juni nach zähen Verhandlungen zwischen Bund, Land, RAG-Konzern und Gewerkschaften erzielte Einigung über das Auslaufen des subventionierten Steinkohle-Bergbaus. Ministerpräsident Rüttgers feierte es als Erfolg, dass 2018 die letzte Zeche geschlossen werden soll. Seine Herausforderin Kraft setzte eine Revisionsklausel durch, wonach der Bundestag den Ausstiegs-Beschluss im Jahr 2012 noch einmal kippen kann.

Skandale und Skandälchen prägten den politischen Alltag in der Landeshauptstadt. Im März erregte ein Betrugsskandal um das Inkubator-Gründerzentrum an der Fachhochschule Gelsenkirchen die Politiker. Im September folgte die Affäre um einen schwerkriminellen V-Mann des Verfassungsschutzes. Der Skandal um Millionenverluste bei der WestLB beschäftigt bis heute das Parlament. Die Landesbank hatte bei Spekulationsgeschäften Millionen verloren. Die zwischenzeitlich geplante Veräußerung der Landesanteile an der Bank wurde auf Eis gelegt und sorgte für viel Parteienstreit.

Das Jahr brachte auch politische Abgänge. Im Juni verließ der Abgeordnete Rüdiger Sagel die Grünen-Fraktion und schloss sich später dem neuen Landesverband der Linken an. Europa- und Bundesratsminister Michael Breuer (CDU) hörte im Oktober auf. Der Rüttgers-Vertraute wird Anfang 2008 neuer Chef des rheinischen Sparkassenverbandes. Breuers Nachfolger als Minister wurde der bisherige Regierungssprecher und CDU-Medienstaatssekretär Andreas Krautscheid. Ein Ersatz für Krautscheid als Sprachrohr der Regierung wird auch Wochen nach dessen Amtswechsel noch gesucht.

In der Arbeitsmarkt- und Finanzpolitik profitierte Nordrhein-Westfalen auch im Jahr 2007 von der positiven Konjunkturlage. Die Zahl der Arbeitslosen im Land sank im Oktober erstmals seit fünf Jahren mit 796 380 wieder unter die Marke von 800 000. Die Neuverschuldung im Landeshaushalt soll wegen der sprudelnden Steuereinahmen im kommenden Haushaltsjahr 2008 mit 1,77 Milliarden Euro auf den niedrigsten Stand seit 30 Jahren sinken.

Ausgerechnet zur Halbzeit der Legislaturperiode im November verkrachten sich CDU und FDP gründlich. Während die Christdemokraten für den Erhalt des dreigliedrigen Schulsystems und gegen die SPD-Pläne für eine Gemeinschaftsschule kämpften, brachte FDP-Landeschef Andreas Pinkwart eine "regionale Mittelschule" ins Gespräch. Auch in den meisten Umfragen verfügte Schwarz-Gelb in diesem Jahr nur über eine knappe Mehrheit. Nicht nur deshalb vermuten Beobachter der Landespolitik, dass es CDU und FDP nach dem Jahr der zahlreichen kontroversen Entscheidungen 2007 im Jahr 2008 ruhiger angehen werden.