Landessynode endet - Präses Schneider im domradio zur Debatte um Jugendkriminalität

Man muss nur wollen

Nach einwöchigen Beratungen geht heute in Bad Neuenahr die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) zu Ende. Zum Abschluss sprach domradio mit EKiR-Rräses Nikolaus Schneider über ein Thema der Synode und das politische Thema der Stunde: den Umgang mit Jugendkriminalität. Schneider kritisiert dabei deutlich die "populistische" Debatte und erinnert die Politik daran, dass Kirchen jahrzehntelange Erfahrung in der sozialen Arbeit haben und nur wiederbelebt werden müssen. "Man muss nur wollen."

 (DR)

"Die Kirchen haben jahrelange Erfahrung in diesem Bereich. Es ist ja nicht so, als hätte es da nichts gegeben." Aber Diakonie und Caritas hätten "riesige Sparwellen" hinter sich, viele bis dahin vorhandene gute Maßnahmen, würden nun "einfach nicht mehr finanziert", so Schneider. "Man muss deutlich sagen: Der Schrei nach Neuem ist völlig populistisch. Es gibt die pädagogischen Konzepte und Ideen, man muss die Maßnahmen nur umsetzen wollen."

Man müsse sich fragen, wie man Jugendliche helfen kann. "Wir brauchen Strenge, aber gleichzeitig muss sich Zuwendung ausdrücken - und nicht der Versuch, Jugendlichen den Willen zu zerbrechen." Es sei schwierig nur über Überschriften zu diskutieren. "Ich mag den Begriff 'Erziehungscamps' nicht, und ich mag nicht, dass das Thema in den Wahlkampf gezogen wird, um populistisch um das Thema zu werben. Ich finde, das ist ein Missbrauch dieses so wichtigen Themas. So sollte man nicht mit Kindern und Jugendlichen umgehen. Der Populismus geht zu weit."

Rheinische Kirche mit deutlichen Mehreinnahmen
Das Kirchenparlament befasst sich zum Abschluss am Freitag mit dem Schwerpunktthema Globalisierung. Die 232 Abgeordneten aus den 42 Kirchenkreisen zwischen Emmerich und Saarbrücken hatten seit Montag über zahlreiche Anträge und Kirchengesetze debattiert. Gestern wurde der landeskirchliche Haushalt verabschiedet.


Die Evangelische Kirche im Rheinland rechnet auch für 2008 mit steigenden Kirchensteuer-Einnahmen. Sie erhöhten sich im vergangenen Jahr um rund zwölf Prozent auf knapp 561 Millionen Euro, für dieses Jahr werden gut 574 Millionen Euro erwartet, wie Finanzdezernent Georg Immel am Donnerstag vor der rheinischen Landessynode in Bad Neuenahr erläuterte. Das Kirchenparlament verabschiedete anschließend den landeskirchlichen Haushalt für 2008 mit einem Volumen von 82,4 Millionen Euro, das sind 3,5 Millionen mehr als im Vorjahr. Außerdem wurden wichtige Weichen für die Zukunft Pfarrdienstes gestellt, in den nur noch wenige Jungtheologen kommen.

Versorgungslast für pensionierte Pfarrer und Kirchenbeamte
Die Versorgungslast für pensionierte Pfarrer und Kirchenbeamte steige weiter an, zusätzliches Geld müsse vor allem hier investiert werden, mahnte Immel. Allein in diesem Jahr werden 114 Millionen Euro der rheinischen Kirchensteuer-Einnahmen in die Versorgungskasse fließen, in der es nach Immels Worten ein Loch von bis zu 900 Millionen Euro gibt. Es solle bis zum Jahr 2060 gestopft werden, kündigte der Finanzdezernent an. Immel rechnet zudem mit langfristig sinkenden Einnahmen aus der Kirchensteuer, weil die Zahl der Mitglieder Prognosen zufolge bis 2030 um ein Drittel sinkt, die Finanzkraft werde dadurch halbiert.

Größter Ausgabeposten in den Haushalten ist die Pfarrbesoldung, die mit 235,5 Millionen Euro zu Buche schlägt. Die Kirchensteuerhoheit liegt im Rheinland bei den 777 Gemeinden. Die Landeskirche bekommt für ihre Aufgaben Geld aus einer Umlage von 10,25 Prozent, in diesem Jahr werden das 58,9 Millionen Euro sein. Sie speisen den landeskirchlichen Haushalt, in den außerdem staatliche Leistungen, Spenden und Zinsen fließen. Zusammen sind dies 82,4 Millionen Euro.

In der 2,9 Millionen Mitglieder zählenden rheinischen Kirche werden in diesem Jahr 30 junge Theologen in den lebenslangen Pfarrdienst übernommen. Damit stelle die finanzstärkste deutsche Landeskirche über ihren Bedarf hinaus Theologen ein, hieß es auf der Synode. Der zuständige Oberkirchenrat Jürgen Dembek räumte aber ein, dass 30 Nachwuchskräfte eigentlich zu wenig Neueinstellungen seien, um die "schlechte Altersstruktur" der Pfarrerschaft nennenswert zu verändern. Mehr als die relativ geringe Zahl sei indes nicht bezahlbar.

Wer im Rheinland in den lebenslangen Pfarrdienst kommen will, muss sich künftig in einem zentralen Bewerbungsverfahren durchsetzen. Die rund 120 Pfarrer im Wartestand müssen in einem zentralen Auswahlverfahren ihre Eignung erneut nachweisen. Wer von ihnen scheitert, wird nach drei Jahren vorzeitig in den Ruhestand versetzt.

"Strafverfahren müssen zeitnah erfolgen"
In einer Erklärung wandte sich die Landessynode am Mittwochabend gegen höhere Strafen für junge Gewalttäter und plädierte für eine bessere Prävention. "Die Verschärfung des Jugendstrafrechts und erniedrigende Erziehungscamps' sind untaugliche Mittel", heißt es in dem Papier. Das Kirchenparlament wandte sich auch gegen eine Stigmatisierung von Jugendlicher aus Zuwandererfamilien. Strafverfahren müssten zeitnah erfolgen.

Die rheinische Kirche ist mit 2,9 Millionen Mitgliedern die zweitgrößte der 23 evangelischen Landeskirchen in Deutschland. Die Landessynode ist das oberste Entscheidungsorgan, sie tagt in der Regel einmal im Jahr.