SPD-Streit um Ex-Minister Clement: Struck fordert Parteiausschluss

Kein Verständnis

Nach seiner Kritik an Hessens SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti wächst der Druck auf Ex-Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD). SPD-Fraktionschef Peter Struck erneuerte am Montag seine Forderung nach einem Parteiausschluss. Ein Ausschlussverfahren ist langwierig und würde der SPD eher schaden, erklärt Robin Mishra, Leiter des Hauptstadtbüros des Rheinischen Merkur. Bei Clement hätte aber kein Umdenken stattgefunden. Als ehemaliger Ministerpräsident von NRW hielte Clement den Ausstieg aus der Kohle für naiv. Da er auf der Gehaltsliste von RWE stehe, sei er natürlich nicht sehr glaubwürdig, so Mishra.

 (DR)

Der frühere stellvertretende SPD-Vorsitzende Clement hatte in einem Zeitungsbeitrag am Wochenende Ypsilantis Energiepolitik kritisiert und indirekt von der Wahl der SPD-Kandidatin abgeraten. Dabei bezog er sich auf Ypsilantis Vorhaben, sowohl auf die Atomkraft als auch auf neue Kohlekraftwerke verzichten zu wollen. Clement war 2005 aus der Politik ausgeschieden. Er sitzt heute im Aufsichtsrat der RWE-Tochter RWE Power AG, die in Hessen das Atomkraftwerk Biblis betreibt.

Struck fordert Parteiausschluss
Es sei "unanständig", der eigenen Partei so in den Rücken zu fallen, sagte Struck. "So wie er sich verhalten hat, gehört er nicht mehr in die SPD", betonte der Fraktionschef. Struck bekräftigte seine Forderung vom Wochenende nach einem Parteiausschlussverfahren. Eine Entschuldigung Clements wollte Struck nicht akzeptieren. Auch der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz rechnet damit, dass es zu einem Parteiausschlussverfahren kommt. "Peter Struck findet für seine Äußerungen immer große Zustimmung in Partei und Fraktion", sagte Wiefelspütz.

"Für jemanden, der der SPD so viel zu verdanken hat, gehört sich so etwas nicht", kritisierte Wiefelspütz Clement. Die Empörung an der Parteibasis sei groß, es herrsche "massive Verärgerung". Ypsilanti genieße die "ungeteilte Unterstützung der SPD".

Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Wend, kritisierte das Verhalten von Clement als "daneben". "Ich fange eine Woche vor einer Landtagswahl keine innerparteiliche Auseinandersetzung an", betonte er.

Clement spricht für RWE
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) plädierte dagegen für Gelassenheit. Clement habe keine Funktion mehr in der SPD, sondern spreche für das Energieunternehmen RWE. "So soll man seine Äußerung bewerten, punktum." Thierse betonte zugleich jedoch, Clements Verhalten sei "nicht in Ordnung". Clement habe von der SPD immer Solidarität eingefordert und erfahren und verhalte sich nun unsolidarisch. Er sei jedoch kein Anhänger öffentlicher Forderungen nach Parteiausschlüssen.

Auch der als konservativ geltende "Seeheimer Kreis" der SPD wandte sich gegen einen förmlichen Parteiausschluss. Der Sprecher der "Seeheimer", Johannes Kahrs, sagte angesichts der früheren Verdienste Clements solle der Ex-Wirtschaftsminister selbst "überlegen, ob er aus der Partei austritt".

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla forderte, die SPD solle sich mit Clement "in der Sache auseinandersetzen und nicht gleich wieder drohen mit Parteiausschluss". Er habe zudem nicht den Eindruck, dass Clement sich von einem möglichen Ausschluss aus der SPD bedroht fühle.

Aufsichtsrat nicht Lobbyist
Die RWE AG hat sich gegen die Darstellung der SPD-Spitze gewandt, dass der frühere Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) als "Lobbyist" für den Stromkonzern tätig sei. Clement gehöre dem "montanmitbestimmten Aufsichtsrat der RWE Power AG seit Februar 2006 als Neutrales Mitglied" an. Dort sei er von den Vertretern der Arbeitnehmer- und der Anteilseignerseite einstimmig gewählt worden.  

Der Konzern fügte hinzu: "In dieser Funktion nimmt Wolfgang Clement wichtige Aufgaben in der Mitbestimmung wahr und fungiert quasi als Vermittler zwischen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite." Beim Aufsichtsrat handele es sich um ein gesetzliches Organ zur Kontrolle eines Unternehmens. Seine Mitglieder seien "nur ihrem Gewissen verpflichtet" und unterlägen - "anders als Lobbyisten" - nicht Weisungen des Unternehmens.

In der Mitteilung des Unternehmens heißt es weiter: RWE unterstütze Clements "Bemühungen für einen breiten Energiemix in Deutschland". Dafür habe er sich "seit Jahrzehnten eingesetzt und in wesentlichen Fragen der Energiewirtschaft und Energiepolitik konstruktiv Stellung bezogen".