Clinton begegnet Sexismus und Frauenfeindlichkeit - Wichtige Vorwahlen in South Carolina

Sind die USA reif für eine Präsidentin?

Möglicherweise entscheidende demokratische Präsidentschaftsvorwahlen finden an diesem Samstag im US-Bundesstaat South Carolina statt. Sollte Kandidatin Hillary Clinton hier ihre Erfolge von New Hampshire (8. Januar) und Nevada (19. Januar) wiederholen, wird die Frage ernst, ob die USA "reif" sind für eine Präsidentin. So viel zeichnet sich schon ab: Clinton wird es bei der ersten "Primary" in einem Südstaat schwer haben. Hohe Politik ist in den USA in der Regel immer noch Männersache.

Autor/in:
Konrad Ege
 (DR)

Nur 16 der 100 Senatoren und 70 der 435 Abgeordneten sind Frauen, und noch nie hat eine der beiden großen Parteien eine Frau zur Präsidentschaftskandidatin gekürt. Eine US-Präsidentin gab es bisher nur in der Fernsehserie "Commander in Chief" mit der Oscar-Preisträgerin Geena Davis in der Hauptrolle.

Senatorin Clintons Wahlkampf ist eine Gratwanderung. Meist will Clinton offenbar nicht "die weibliche Kandidatin" sein, sondern die bestqualifizierte. Notfalls freilich, vor allem bei Veranstaltungen mit Frauen, spielt sie auch mal die Geschlechterkarte. Sie beschwert sich über den "old boys"-Klüngel in ihrer Partei und darüber, dass sie "die höchste und härteste" politische Mauer durchbrechen müsse.

Wahluntersuchungen zufolge haben vor allem Frauen Clinton in New Hampshire und Nevada zum Sieg verholfen. In New Hampshire stimmten 46 Prozent der Frauen für Clinton und 29 Prozent für den zweitplazierten Barack Obama. 40 Prozent der Männer wählten dagegen Obama und 29 Prozent Clinton. In Nevada bekam Clinton 51 Prozent der Frauenstimmen, Obama 38 Prozent.

Möglicherweise haben "sexistische" Kommentare Clintons Anhängerinnen angefeuert. Vergangene Woche starteten mehrere Frauenverbände eine Kampagne gegen den "frauenfeindlichen" Talkshow-Moderator Chris Matthews (NBC). Er soll Hillary Clinton als "weiblichen Teufel" attackiert haben. Ihre Stimme klinge wie das Kratzen von "Fingernägeln auf einer Schiefertafel", so der Talkmaster. Clintons männliche Unterstützer stellten einen "Eunuchen-Chor".

Schlimmer noch geht es im Internet zu: Auf Hunderten Websites kommt Hass zum Ausdruck gegen "Hitlery" und "Hilldabeast" (Hillary, das Biest). Wohl kein männlicher Politiker wird so böse angegriffen wie die selbstbewusste frühere First Lady.
Nach Ansicht der feministischen Autorin Gloria Steinem ist Sexismus in den USA "akzeptabler" als Rassismus. Er sei "so allgegenwärtig wie die Luft, die wir atmen", schrieb die Feministin in der Zeitung "New York Times". Die Republikaner haben ohnehin Schwierigkeiten mit der Kandidatin der gegnerischen Partei, bei den Demokraten gingen politisch gemäßigte und konservative männliche sowie allgemein weniger liberale Parteimitglieder auf Distanz zu Clinton, berichtete das Demoskopie-Institut "Pew Center".

Bei einer Umfrage des Instituts Gallup im Herbst mutmaßten 61 Prozent der Befragten, die USA seien bereit, eine Frau ins Weiße Haus zu schicken. Nach Ansicht von Madeleine Kunin, der Gouverneurin von Vermont, sind indes manche Regionen der USA "reif", andere weniger.

Eher "reif" seien Bundesstaaten mit einem vergleichsweise hohen Frauenanteil in den Parlamenten. Dazu zählen Vermont, wo 37,8 Prozent der Abgeordnetenmandate von Frauen gehalten werden, New Hampshire (35,6 Prozent) und Washington (35,4 Prozent).

In den USA haben Frauen 1920 das Wahlrecht bekommen. Mehrmals haben sich Frauen schon um das höchste Amt der Nation bemüht. In den Präsidentschaftsvorwahlen kandidierten 1964 die Republikanerin Margaret Chase Smith, 1972 die afro-amerikanische Demokratin Shirley Chisholm, 1988 die Demokratin Patricia Schroeder und 2000 die Republikanerin Elizabeth Dole. In greifbare Nähe rückte der Sitz im Weißen Haus für die Kongressabgeordnete Garaldine Ferraro, Walter Mondales Vizepräsidentschaftskandidatin von 1984. Mondale unterlag jedoch gegen Ronald Reagan.

Wähler müssten sich anscheinend erst einmal gewöhnen an Frauen, die Macht ausüben wollten, erklärt Madeleine Kunin. So gesehen, werde es Hillary Clinton in South Carolina schwer haben, vermutet die Gouverneurin. Dort stellten Frauen nur neun Prozent der Parlamentarier. In keinem anderen Staat seien Frauen so unterrepräsentiert.

Jüngsten Umfragen zufolge liegt Obama in der Tat vorn bei den Wählern im Südstaat: 43 Prozent wollen danach für den afro-amerikanischen Senator aus Illinois stimmen, seine schärfste innerparteiliche Konkurrentin liegt 18 Punkte hinter ihm zurück.