Der Deutsche Astronaut Hans Schlegel ist wieder fit - doch was war los?

Houston hatte ein Problem

Ursprünglich war der erste "Weltraumspaziergang" mit dem deutschen ESA-Astronauten Hans Schlegel für Sonntag geplant. Doch dann hieß es: "Houston, wir haben ein Problem!" Die US-Raumfahrtbehörde NASA hatte den Spaziergang des Deutschen abgesagt. Schuld sei ein "medizinischer Vorfall" gewesen. Inzwischen ist Schlegel wieder fit. Dennoch muss er auf seinen ersten Außenbordeinsatz noch warten. Friedhelm Claasen vom Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt im domradio-Interview.

 (DR)

Shuttle-Astronauten hieven "Columbus"-Labor an die ISS
Mit einem Tag Verspätung haben heute zwei Astronauten der US-Raumfähre "Atlantis" mit dem Andocken des europäischen Forschungslabors "Columbus" an die Internationale Raumstation ISS begonnen. Dazu verlassen die Amerikaner Rex Walheim und Stanley Love um 15.35 Uhr deutscher Zeit die Station. Sie sollen das rund 13 Tonnen schwere "Columbus"-Labor mit einem Roboterarm aus der Shuttle-Ladebucht an das Verbindungsmodul "Harmony" umheben und es dort verankern. Bei weiteren zwei Ausstiegen soll es dann voll an die ISS angeschlossen werden.

Das Columbus-Labor gilt als Meilenstein der Raumfahrt. "Wir haben damit einen regelmäßigen Zugang zur Forschung und der Schwerelosigkeit", erklärt Friedhelm Claasen. "Hier können wir neue Erkenntnisse erwerben, die in die Medizin einfließen."

Bisher steht die genaue Antwort der Mediziner noch aus
Insgesamt waren drei "Weltraumspaziergänge" für die volle Montage des Labors geplant, an zweien davon sollte der Deutsche teilnehmen. Nun wird die Premiere vermutlich am Mittwoch stattfinden, teilte die Europäische Raumfahrtagentur ESA und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt am Monatag mit.

Vor dem Start des Shuttles hatte Schlegel noch geflachst, er sei gespannt, wie er die Schwerelosigkeit 15 Jahre nach seinem ersten Flug in einer Raumfähre wieder erleben werde. Jetzt weiß er es. Da es sich aber nach Auskunft des DLR-Sprechers bei dem Deutschen ausdrücklich nicht um die bekannte und berüchtigte Raumkrankheit gehandelt hat, darf man gespannt sein, was es denn wirklich war. Bisher steht die genaue Antwort der Mediziner noch aus. Doch die Sorge um die Einsatzfähigkeit des ESA-Astronauten Schlegl sei nun "völlig vom Tisch", so Friedhelm Claasen im domradio-Interview. Schlegl dürfe und könne nun beim zweiten Außenbordeinsatz kommenden Mittwoch mitarbeiten. Dass über den Gesundheitszustand eines Astronauten nichts an die Öffentlichkeit dringt, sei vollkommen normal, so Claasen weiter. "Das sind sehr persönliche Informationen. Kein Mensch möchte doch, dass sein letzter Arztbericht an die Öffentlichkeit kommt."

Raumkrankheit mit langer Geschichte
Vielen Astronautenkollegen Schlegels blieb hingegen die Raumkrankheit nicht erspart, bei der es sich um eine Störung des Gleichgewichtsorgans beim Eintritt in die Schwerelosigkeit handelt. Sie kann, muss aber nicht eintreten. Ihre Symptome reichen wie bei der Seekrankheit von leichter Übelkeit und Desorientierung bis zum Erbrechen und starkem Unwohlsein. Die Krankheit geht meistens durch die Anpassung des Körpers an die Schwerelosigkeit nach einigen Tagen wieder zurück und kann auch medikamentös behandelt werden.

Trotz eines speziellen Trainings auf der Erde, bei dem die Kandidaten unter anderem in Betten schlafen, bei denen das Fußende höher als das Kopfende ist, kann der Zustand bei einem Raumflug nicht exakt vorweggenommen werden. Und so schlägt für jeden Astronauten erst auf der Umlaufbahn die Stunde der Wahrheit.

Viele können davon ein Klagelied singen, so der zweite Mensch im All, der Russe German Titow, bei dem das Phänomen zuerst registriert wurde. Er war bei seinem 25-Stunden-Flug im August 1961 nur bedingt arbeitsfähig, was allerdings damals erst einmal verschwiegen wurde. Auch Walentina Tereschkowa litt heftig, als sie 1963 die Erde knapp drei Tage umkreiste. Sie schlief sogar mehrfach ein und erfüllte die Vorgaben und Erwartungen von Chefkonstrukteur Sergej Koroljow höchst unbefriedigend. Er wetterte deshalb auch, dass ihm sobald "kein Weib" mehr ins All komme. Darauf folgte wirklich eine 19-jährige Startpause für die russische Damenwelt.

Nur jeder zehnte Raumfahrer wird mehr oder weniger heftig krank
Später erwischte es auch den ersten "Interkosmonauten" Vladimir Remek aus der damaligen CSSR und einen japanischen TV-Journalisten in russischen Raumstationen arg. Bei den Amerikanern führt Jake Garn die Krankenliste an. Bei einem Flug mit der Raumfähre "Discovery" 1985 erhielt er nach einer Symptome-Skala, die eigentlich nur bis zehn reicht, den Wert von dreizehn.

Doch es gibt auch andere Beispiele, denn statistisch werden nur zehn Prozent der Raumfahrer mehr oder weniger heftig krank. Dem russischen Kosmosveteranen Waleri Bykowski, der 1978 mit Sigmund Jähn eine Woche unterwegs war, wird zum Beispiel nachgesagt, er sei ein medizinisches Phänomen. Bei seinen insgesamt drei Flügen habe er überhaupt keine Anpassungsprobelme gehabt. Es geht sogar die Mär um, Bykowski, der auch ein bekennender Raucher ist, könne man nachts aus einer Kneipe holen und ihn unbeschadet in ein Raumschiff setzen. Allerdings müsse man ihm vorher die Zigarette aus dem Mund nehmen.