Deutsche Aleviten kritisieren Rede Erdogans

Scheinheilig

Die Alevitische Gemeinde Deutschland hat die Äußerungen des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan zur Integration als sachlich unangemessen und propagandistisch bezeichnet. Erdogans Worte, dass die vermeintliche Assimilation der türkischen Einwanderer in Deutschland ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sei, erweise sich vor dem Hintergrund der Unterdrückung eigener ethnischer und religiöser Minderheiten in der Türkei als scheinheilig, sagte der Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde in Deutschland, Ali Ertan Toprak, der Nachrichtenagentur ddp in Köln.

 (DR)

"Dort und nicht etwa in Deutschland werden Minderheiten wie die Aleviten, Christen und Kurden zur Assimilation gezwungen", sagte Toprak. Erdogan suggeriere den türkischen Einwanderern fälschlicherweise, dass sie sich in Deutschland "auf fremdem Boden" befänden.

Forderungen überzogen
Auch Erdogans Forderung nach türkischen Schulen und Gymnasien bezeichnete der Generalsekretär als überzogen. Es könne nicht darum gehen, türkischsprachige Schulen in Deutschland zu errichten, weil dies zu einer Verfestigung von Parallelgesellschaften führen könne. "Was wir brauchen, ist eine bessere Sprachförderung. Das Beherrschen der deutschen Sprache ist der Schlüssel zur erfolgreichen Integration in Deutschland", sagte Toprak. Türkische Regelschulen in Deutschland wären dagegen ein Rückschritt.

Toprak forderte zugleich, dass Migrantenkinder in Zukunft besonders durch das deutsche Bildungssystem "schon im Kindergarten" gefördert werden müssten. "In vielen Migrantenfamilien sind die Eltern, wie in deutschen Familien auch, mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert. Doch im Gegensatz zu deutschen Kindern haben viele Migrantenkinder neben sozialen auch noch sprachliche Probleme, und dann schaffen sie den Anschluss an die Gesellschaft nicht mehr und bleiben ohne Schulabschluss und berufliche Ausbildung."