Vatikan: Kein Kommentar zu Castro-Rücktritt - Bertone ab Mittwoch auf Kuba

Máximo Líder geht - Hoffnung auf Demokratie kommt

Nach fast 50 Jahren an der Staatsspitze hat der kubanische Präsident Fidel Castro seinen Rücktritt angekündigt. Der 81-Jährige werde das Präsidentenamt sowie die Armeeführung aufgeben, berichtet die Online-Ausgabe der kommunistischen Parteizeitung "Granma". Der Vatikan hat eine Stellungnahme zum Rücktritt Castros abgelehnt. Allerdings wird Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone an diesem Mittwoch zu einem sechstägigen Pastoralbesuch nach Kuba aufbrechen.

 (DR)

Fidel Castro hatte im Juli 2006 wegen einer schweren Darmoperation die Regierungsgeschäfte seinem jüngeren Bruder Raúl übertragen. Am Sonntag wählt die neue kubanische Nationalversammlung aus ihrer Mitte den Staatsrat, der wiederum den Staats- und Regierungschef bestimmt. "Weder strebe ich noch nehme ich die Bürde des Präsidenten des Staatsrates und des Oberkommandierenden an", wird Castro in dem Bericht zitiert.

Bertone ließ auf Anfrage mitteilen, er wolle augenblicklich keinen Kommentar abgeben. Ob die Entwicklungen in Havanna Auswirkungen auf seine bevorstehende Reise in den Karibikstaat hätten, sei noch unklar.

Laut Programm ist für den Pastoralbesuch neben Gesprächen mit der nationalen Bischofskonferenz auch eine Begegnung mit Regierungsvertretern vorgesehen. Konkrete Namen nennt das Programm aber nicht. Zudem will Bertone ein Denkmal für Papst Johannes Paul II. (1978-2005) einweihen. Dessen Kuba-Aufenthalt vor zehn Jahren ist Anlass der Visite.

Zu Beginn ist am Donnerstag eine Begegnung mit der Kubanischen Bischofskonferenz in der Hauptstadt Havanna vorgesehen, wie es hieß. Am Freitag trifft Bertone mit Ordensleuten zusammen. Am Samstag steht die Einweihung des Monuments für Johannes Paul II. im zentralkubanischen Santa Clara auf dem Programm. Für Sonntag ist zum zehnjährigen Bestehen der Diözese Guantanamo eine Messe unter freiem Himmel sowie abends in Havanna ein Abendessen mit Regierungsvertretern und dem Ständigen Rat der Bischofskonferenz geplant.

Am Montag hat Bertone laut Plan ein Arbeitstreffen im kubanischen Außenministerium. Danach hält er einen Vortrag an der Universität Havanna. Zum Abschluss trifft er sich am Dienstag mit Mitgliedern des Salesianerordens, dem der Kardinal selbst angehört.

Kuba-Experte erwartet Entspannung zwischen Havanna und dem Westen
Kubas Verhältnis zu Europa und den USA wird sich nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Bert Hoffmann nach dem Rückzug Fidel Castros aus der Staatsführung deutlich entspannen. Der derzeitige Übergangspräsident und Bruder Fidel Castros, Raúl Castro, habe zahlreiche Signale für eine Annäherung ausgesandt, sagte der Kuba-Experte am Dienstag in einem epd-Gespräch. So habe Raúl Castro angekündigt, zwei UN-Menschenrechtspakte zu unterschreiben, was Fidel Castro explizit abgelehnt habe. "Das ist ein großes Signal auf dem diplomatischen Parkett", so Hoffmann.

Dass Raúl Castro am Sonntag zum Vorsitzenden des Staatsrates und damit zum Nachfolger Fidel Castros gewählt werden wird, ist laut Hoffmann so gut wie sicher. "In anderthalb Jahren sind alle darauf vorbereitet worden, dass Raúl gewählt wird, da ist nichts anderes vorstellbar", so Hoffmann, der am Institut für Lateinamerika-Studien des Leibnitz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) in Hamburg tätig ist.

Als Fortschritt wertet Hoffmann, dass der Machtwechsel in Kuba am Ende einer Amtszeit und nicht erst mit Castros Tod erfolgt. Für Raúl Castros Reformbestrebungen bedeute die offizielle Übernahme des Präsidentenamtes zweierlei: Entscheidungen seien für ihn einfacher zu treffen, da er nicht mehr Rücksicht auf seinen Bruder nehmen müsse. "Zum anderen ist er mehr in der Pflicht", so Hoffmann. "Er hat relativ hohe Erwartungen geweckt, nun wird er daran gemessen werden."

Raúl Castro habe in den vergangenen anderthalb Jahren vor allem für ein verbessertes Klima für Diskussion und Kritik gesorgt. "Die Leute haben weniger Furcht, sich zu äußern." So hätten sich beispielsweise Parteikader mit Studenten getroffen und sich ihren scharfen Fragen gestellt. Wirtschaftliche Reformen seien angekündigt. So werden laut Hoffmann als erstes die Verpachtung von Land an Kleinbauern ermöglicht und insgesamt mehr wirtschaftliche Anreize zur Steigerung der Produktion geschaffen werden.

Nach Einschätzung Hoffmanns wird die Machtübergabe sanft vor sich gehen, auch wenn sich ein konfliktreicher Prozess zur Verteilung der Posten hinter den Kulissen abspielen wird. "Raúl Castro ist ein großer Integrierer." Und auch wenn der Vorsitz der kommunistischen Partei offiziell weiter von Fidel Castro bekleidet werde, habe Raúl de facto das Sagen.

Hoffnung auf eine Demokratisierung des Landes
Kuba solle einen "friedlichen Übergang hin zu einer pluralistischen Demokratie" anstreben, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Dienstag in Brüssel. Dabei müssten die Menschenrechte und die Grundfreiheiten respektiert werden. Die EU strebe einen konstruktiven Dialog an, wie sie es bereits mehrfach bekräftigt habe.

US-Präsident George W. Bush sagte, die Rücktritts-Entscheidung Fidel Castros sollte einen demokratischen Übergang für das kommunistische Land auslösen, wie der US-Sender CNN berichtete. Die Staatengemeinschaft solle mit der kubanischen Bevölkerung zusammenarbeiten, um mit dem Aufbau von Institutionen zu beginnen, die notwendig für eine Demokratie seien.

Schließlich sollte dieser Übergang zu freien und fairen Wahlen führen, sagte der US-Präsident während seiner Afrika-Reise in Ruanda. "Die USA werden den Menschen in Kuba dabei helfen, den Segen der Freiheit zu begreifen." Die USA halten seit 1962 an ihrem politischen und wirtschaftlichen Embargo gegen Kuba fest.

Der Sprecher der in Spanien regierenden Sozialisten, José Blanco, sagte in Madrid, der Machtwechsel könne der Beginn eines Wandels sein. Spanien werde sich dafür einsetzen. Die Staatssekretärin für Lateinamerika, Trinidad Jiménez, warnte jedoch vor übersteigerten Erwartungen: "Es handelt sich um eine wichtige Nachricht, die jedoch mit großer Vorsicht aufzunehmen ist."

Mit einer Mischung aus Erleichterung und Skepsis reagierten in Spanien lebende kubanische Dissidenten. Fidel Castro werde nicht auf die absolute Kontrolle über Kuba verzichten, schrieb der seit 2005 in Spanien lebende Dissident Raúl Rivero in der Internet-Ausgabe der spanischen Tageszeitung "El Mundo". "Er wird die Macht weiter per Fernbedienung von seinem Präsidenten-Bett aus ausüben", so der 2003 in Kuba wegen "subversiver Aktivitäten" zu 20 Jahren Haft verurteilte Lyriker und Journalist.

Optimistischer äußerte sich der in Kuba lebende ehemalige Offizier Eloy Guitérrez Menoyo. Raúl Castro könne einen Wandel einleiten, den Fidel Castro nicht gewagt hätte, sagte er dem spanischen Rundfunksender "Cadena Ser". "Die Herrschaft wurde dem Volk entrissen und muss zu ihm zurückkehren."

Die Menschenrechtsorganisation amnesty international forderte die neue Regierung in Kuba auf, den Machtwechsel für Reformen zu nutzen. Der Wandel in Kuba müsse unter anderem mit der bedingungslosen Freilassung aller politischer Gefangener, der juristischen Überprüfung aller Urteile nach unfairen Gerichtsverfahren und der Abschaffung der Todesstrafe beginnen. Außerdem sei die Einführung von Maßnahmen, die zur Einhaltung der Grundrechte und der Unabhängigkeit der Justiz führten, nötig.

Zudem appellierte amnesty an die kubanische Regierung, Menschenrechtsorganisationen die Einreise in das Land zu erlauben. Die Staatengemeinschaft und vor allem die USA, müssten derweil auf Vorgehen verzichten, die die Rechte der Kubaner verletzten, so wie das US-Embargo.

EU-Entwicklungskommissar Louis Michel sagte, er werde am 6. und 7. März in den Karibikstaat reisen, was seit längerem geplant sei. Er sei bereit, Gespräche mit dem Nachfolger Fidel Castros aufzunehmen. Michel begrüßte, dass die kubanische Regierung kürzlich eine Reihe politischer Gefangener aus humanitären Gründen freigelassen hat. "Diese wichtige einseitige Entscheidung verdient Anerkennung."