Roman Herzog warnt vor "Rentnerdemokratie"

Die nächste Generationendebatte

Sind wir auf dem Weg in eine Altenrepublik? Nach der Debatte um Rentenerhöhungen hat Deutschland seine nächste Generationen-Debatte. Und ausgerechnet ein Vertreter aus den Reihen der Älteren, Altbundespräsident Roman Herzog, warnt vor einer "Rentnerdemokratie".

 (DR)

Angesichts der außerplanmäßig beschlossenen Rentenerhöhung warnte Altbundespräsident Roman Herzog vor einer «Rentnerdemokratie». «Ich fürchte, wir sehen gerade die Vorboten einer Rentnerdemokratie: Die Älteren werden immer mehr, und alle Parteien nehmen überproportional Rücksicht auf sie. Das könnte am Ende in die Richtung gehen, dass die Älteren die Jüngeren ausplündern», sagte Herzog der «Bild»-Zeitung.

Herzog, der auch Präsident des Bundesverfassungsgerichts war, hält die jetzt beschlossene Rentenerhöhung zwar für verfassungsgemäß, weil die Kaufkraft der Renten seit Jahren nicht angestiegen sei. Eine anhaltende Übervorteilung der Jüngeren könne gleichwohl grundgesetzwidrig sein. «Wenn die Älteren die Jüngeren immer stärker zur Kasse bitten, würde die Staatsquote wachsen. Und ich gehe davon aus, dass ab einem gewissen Punkt eine hohe Staatsquote durchaus verfassungswidrig ist.»

Der Präsident des Sozialverbandes VdK, Walter Hirrlinger, hat die Warnung Herzogs scharf zurückgewiesen. Er habe «überhaupt kein Verständnis», dass das frühere Staatsoberhaupt auf diese Weise «Emotionen hochputscht», sagte Hirrlinger der «Westdeutschen Zeitung».

Der Haushaltsexperte und frühere Grünen-Politiker Oswald Metzger warnte vor einem «Generationenkrieg». Metzger, der ein CDU-Bundestagsmandat anstrebt, sagte der «Bild»-zeitung: «Wir bekommen einen Generationenkrieg, wenn die Politik weiterhin aus wahltaktischen Gründen Geschenke verteilt.» Die Rentenerhöhung, die Metzger «bescheiden genug» nannte, müssten Kinder und Enkelkinder über ihre Sozialbeiträge bezahlen. Die Rentner seien aber «keine Raffkes».

Gesellschaftsforscher: Verteilungskämpfen drohen
Der Gesellschaftsforscher Meinhard Miegel rechnet für die Zukunft mit erbitterten Verteilungskämpfen zwischen den Generationen. «Wir sind auf dem Weg in die Altenrepublik», sagte der Chef des Bonner Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft (IWG) der Zeitung «Die Welt» (Freitagausgabe). Er rechne nicht damit, dass die Rentner in Zukunft freiwillig auf die Belastbarkeit der Jüngeren Rücksicht nehmen und ihre Ansprüche zurückschrauben würden. «Die ältere Bevölkerungsgruppe hat einen kurzen Zeithorizont und will in der Gegenwart Kasse machen», sagte Miegel.

Die Jungen würden aber «Mittel und Wege finden, sich der Belastung zu entziehen - da können die Mehrheitsverhältnisse sein, wie sie wollen.» Der IWG-Chef warnte, dass die gesellschaftlichen Veränderungen eine Gefahr für die Demokratie darstellten. Der Spruch «Wer zahlt, schafft an» gelte immer. Wenn die älteren Wähler in Zukunft in der Mehrheit seien und die Politik sich einseitig darauf ausrichte, «haben wir ein Demokratieproblem», sagte Miegel.