Europarats-Parlamentarier debattieren Abtreibung

Abermals ethisch umstrittenes Thema auf der Tagesordnung

Die Parlamentarische Versammlung des Europarats befasst sich in dieser Woche abermals mit einem ethisch umstrittenen Thema. Diesmal steht die Haltung zum Schwangerschaftsabbruch auf der Tagesordnung. In der Vergangenheit hatten die 636 Parlamentarier aus den 47 Mitgliedsländern des Staatenbundes bereits so heikle Fragen wie die Sterbehilfe und zuletzt im Herbst den Kreationismus diskutiert.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Nun steht ein Bericht der österreichischen Sozialdemokratin Gisela Wurm zur Debatte, der Straffreiheit für Schwangerschaftsabbrüche in allen Europarats-Mitgliedstaaten fordert. Voraussichtlich am Mittwoch wird darüber abgestimmt. Der Gleichstellungs-Ausschuss stimmte dem Entwurf bereits mit großer Mehrheit zu.

Wurm verweist darauf, dass Abtreibung in allen Europaratsstaaten außer Andorra, Malta, Irland und Polen legal sei. Allerdings gebe es teilweise auch in den anderen Ländern Hindernisse, die den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen schwierig machten. Sie forderte, die Wahl der betroffenen Frauen zu akzeptieren. Die Europarats-Staaten werden in dem Entwurf aufgerufen, alle Hindernisse abzubauen, die rechtlich oder in der Praxis den Zugang zu risikofreien Schwangerschaftsabbrüchen erschweren. Die Kosten dafür müssten in angemessener Form übernommen werden.

Ausdrücklich heißt es in dem Berichtsentwurf aber auch, dass Abtreibung kein Mittel der Familienplanung sei. Es müssten so viele Schwangerschaftsabbrüche vermieden werden wie möglich. Zu den Maßnahmen dafür gehörten Sexualaufklärung in der Schule sowie Verhütungsmittel zu erschwinglichen Preisen.

Erste Reaktionen auf den Berichtsentwurf gab es bereits in Polen.
Dort wiesen Politiker der rechtsliberalen Regierungspartei Bürgerplattform und der konservativen Opposition die Forderung nach Straffreiheit bei Abtreibung zurück. Der Vorsitzende des Oppositionsbündnisses Linke und Demokraten (LiD), Wojciech Olejniczak, sprach sich hingegen für eine Lockerung des Abtreibungsverbots aus. Schwangerschaftsabbrüche sind in Polen nur nach Vergewaltigung, Inzest sowie bei schweren Schädigungen des Ungeborenen oder bei Lebensgefahr für die Schwangere straffrei.

Auch in Malta stieß das Votum des
Europarats-Gleichstellungsausschusses auf Ablehnung. Justizminister Carmelo Mifsud Bonnici erinnerte daran, dass die Beschlüsse der Parlamentarischen Versammlung des Europarates nicht bindend seien. Malta habe zudem etwa beim EU-Beitritt eine Klausel ausgehandelt, wonach auch EU-Recht die Position des Inselstaates zum Schwangerschaftsabbruch nicht tangieren dürfe. Sein Land bleibe dabei, dass Unterstützung in Notsituationen die bessere Hilfe sei. Abtreibung sei keine Lösung, so Mifsud Bonnici.

In der Tat: Die Parlamentarische Versammlung des Europarates kann keine Gesetzesänderungen erzwingen. Mit ihrem empfehlenden Charakter beeinflussen die Voten des Gremiums aber dennoch die Entscheidungen des Europarats-Ministerkomitees, etwa bei der Ausarbeitung von rechtlich verbindlichen Konventionen.